Bioenergie im Kraftstoffmarkt: Bundestagsabgeordnete beziehen Stellung

Im ersten Artikel der aktuellen Artikelreihe zum Parlamentarischen Abend ging es um den Einsatz der Bioenergie im Strommarkt. In diesem Artikel finden Sie auch nähere Angaben zu den Bundestagsabgeordneten, die auf der Veranstaltung ihre Vision von der Bioenergie vorgestellt haben. Da die größten Potentiale der energetischen Nutzung von Biomasse in Deutschland mittlerweile im Wärme- und Kraftstoffmarkt zu finden sind, sollen beide Einsatzbereiche ebenfalls kurz vorgestellt. Teil 2 der Artikelreihe handelt vom Sorgenkind der Bioenergie, welches mit Sicherheit der Kraftstoffmarkt ist. Entgegen des allgemeinen Trends der Energiewende sind die Zahlen des erneuerbaren Kraftstoffmarkts sogar rückläufig. Warum das so ist und welche Lösungsansätze für Biokraftstoffe die Bundestagsabgeordneten anbieten, erfahren Sie im Artikel.

Bioenergie im Kraftstoffmarkt Entwickung

Kraftstoffmarkt | Flüssige Bioenergie | Biokraftstoffe

Themen wie Tank-oder-TellerRegenwaldabholzung oder ILUC sind die Minenfelder innerhalb der Bioenergie-Debatte, tückisch und sehr explosiv. Diese Argumente stehen für den Niedergang der hochgelobten Branche in den vergangenen Jahren. Die komplexen Themen bedürfen einer tiefen Beschäftigung mit den Fakten, bis man von der ersten sehr emotionalen (hysterischen?) Haltung hin zu einem differenzierten und konstruktiven Umgang mit den berechtigten Vorwürfen gelangt. Klingt vielleicht arrogant, ist aber so. Zumindest war es bei mir so und auch die Erfahrungen von MdB Michael Kauch (FDP) scheinen diesen für die Branche so problematischen Reifungsprozess zu bestätigen:

“Wenn man über die Bioenergie spricht, dann ist man bei vielen Kollegen im Bundestag, besonders bei denen die sich nicht mit dem Thema Bioenergie beschäftigen, sehr schnell bei Argumenten wie Tank-oder-Teller und Regenwaldabholzung.“

Michael Kauch, FDP

Die Bioenergie und hier vor allem die flüssige Bioenergie (der Kraftstoffmarkt) haben ein tiefes Imageproblem und ohne das Werben für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung wird es keine Zukunft für Biosprit in Deutschland geben. Unabhängig davon ist, ob Bioethanol & Biodiesel unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten betrachtet die einzige echte Alternative zu erdölbasierten Kraftstoffen sind, die wir mittelfristig haben!

Image-Kampagne für den den erneuerbaren Kraftstoffmarkt

Die Ursache für das Image-Problem sehen die Bundestagsabgeordneten in den überwiegend kritischen Medienbeiträgen die zu Agrotreibstoffen gebracht wurden (Regenwaldabholzung, Hunger, Monokulturen etc.). Das die Argumentationen der Beiträge häufig sehr oberflächlich sind und vor allem die Potentiale von Biokraftstoffen der nächsten Generation und Systemen zurNachhaltigkeitszertifizierung für Biomasse komplett unterschlagen, können unterschiedlich interpretiert werden. Die hohe Komplexität des Themas Bioenergie, Marketingfehler der Bioenergiebranche selbst oder bezahlte Imagekampagnen konkurrierender Interessenverbände sind mögliche Ursachen für den schwierigen Status Quo.

“Die Biokraftstoffe stecken vom Ausbau her noch in den Kinderschuhen, aber der weitere Ausbaupfad ist bereits sehr vermint.“

Dirk Becker, SPD

Der schwarze Peter wird immer weiter geschoben und niemand möchte für die problematische Situation des Kraftstoffmarkts Verantwortung übernehmen. Den Bundestagsabgeordneten kann man es jedenfalls nicht verübeln, dass sie sich beim Thema Biosprit eher zurückhalten. Ein Bundestagsabgeordneter sollte die Meinung seiner Wähler vertreten und genau das macht er/sie, wenn er/sie sich beim Ausbau der flüssigen Bioenergie aktuell bedeckt hält.

Genauso schwer fällt es, den schwarzen Peter nur der Bioenergiebranche zuzuschieben, welche große finanzielle Risiken eingegangen ist, um eine echte Alternative zu den erdölbasierten Kraftstoffen aufzubauen. Und die Verbände haben das Image-Problem erkannt und der BBE arbeitet an einer Aufklärungskampagne, um Biokraftstoffe wieder in eine neutraleres und weniger gruseliges Licht zu rücken.Wenn man auf mehr Markt beim Einsatz von Biokraftstoffen setzt, muss die Wahrnehmung beim Endverbraucher (Konsumenten) von den Biokraftstoffherstellern (Produzenten) noch ernster genommen werden. Das Interesse der Autofahrer bekommen leider auch alternative Energieträger mit so idealistischer Grundeinstellung nicht geschenkt.

Der Biogasrat+ e.V. hat erst kürzlich eine große Aufklärungs-Kampagne zu Biomethan im Spiegel-Magazin durchgeführt. Spiegel-Online ist für mich lange das am wenigsten differenzierte Magazin gewesen (siehe Artikel Bioenergie bei Spiegel Online), wenn es um die Berichterstattung zu Biokraftstoffen ging. Eine neutralere Berichterstattung wäre immerhin ein erster wichtiger Erfolg, den eine Aufklärungskampagne erreichen kann.

“Wir brauchen ein Marktanreizprogramm für den Einsatz von Biokraftstoffen im Land- und Forstwirtschaftsbereich.“

Helmut Lamp, BBE

Das Setzen auf sehr spezialisierte Teilmärkte ist beim aktuellen Image von Biosprit ein sehr pragmatischer Lösungsansatz. Besonders wenn man bedenkt, dass das jahrelange Werben des BBE für die Fortführung der Steuererleichterung im gesamten Bioreinkraftstoffmarkt bisher leider erfolglos geblieben ist. Michael Kauch regt an, dass er das Anreizen eines stärker mittelständisch geprägten Marktes für vielversprechend hält. Und Hans-Josef Fell (Bündnis 90/ Die Grünen) und Georg Nüsslein (CSU) sind davon überzeugt, dass der Einsatz von alternativen Energiepflanzen und Substraten vorangetrieben werden muss, um die Akzeptanz für Biokraftstoffe zurückzugewinnen.

“Ein stärkeres Setzen auf Forschung und Entwicklung sind das A&O, um die Bioenergie aus Algen und Mikroorganismen voranzutreiben.“

Hans-Josef Fell, Bündnis 90/ Die Grünen

Es gibt also einige Ansätze, um die Bioenergie im Kraftstoffmarkt wieder auf Kurs zu bringen. Für konkrete Maßnahmen werden wir uns aber vermutlich noch bis nach der Bundestagswahl gedulden müssen.

Welche Meinung vertreten Sie zu Biokraftstoffen? Gehören Sie eher zu den Pessimisten oder Optimisten bezüglich dem Einsatz von Biosprit im Kraftstoffmarkt?

3 Kommentare zu „Bioenergie im Kraftstoffmarkt: Bundestagsabgeordnete beziehen Stellung“

  1. Wir werden nicht umhinkommen über kurz oder lang uns von Kraftstoffen aus fossilen Energieträgern zu verabschieden. Elektromobilität ist auch nicht das alleinige Zauberwort – wird zwar für den innerstädischen Personenverkehr mehr und mehr relevant werden, aber über größere Strecken und insbesondere für den immer noch anwachsenden LKW-Verkehr werden auch noch so ausgefeilte Batteriekonzepte (chemische Energiespeicher) die Lösung nicht bringen.
    Allerdings könnte Biodiesel auf nicht Lebensmittel-konkurrierender Grundlage – d.h. dafür kein Maisanbau o.ä. – die Lösung des Problems sein.
    Gegenwärtig wird trotz eines EU-weiten Vorhabens stets und ständig der CO2-Ausstoß bedingt durch die Verbrennung fossiler Energieträger erhöht. Davon müssen wir dringend wegkommen und zu einer CO2-Kreislaufwirtschaft übergehen.

    In http://www.biomasse-nutzung.de/energie-algen/ hatte ich einen Weg dazu aufgezeigt – leider bisher mit nur wenig Resonanz.
    Laßt uns eine völlig neue Branche aus dem Boden stampfen – und die wird einen ähnlich steilen Aufstieg nehmen, wie seinerzeit die Photovoltaik – davon bin ich überzeugt!

    Grüsse aus Berlin

    Peter Salomon

  2. Vielen Dank Herr Salomon für Ihren kritischen Kommentar zum regenerativen Kraftstoffmarkt. Es freut mich, dass Sie die Leidenschaft für die Bioenergie teilen und eine Initiative für die Algenbranche starten. Stichwort Algenenergie und Photovoltaik: Welche Erfahrungen aus der Entwicklung des PV-Markts lassen sich für den Aufbau einer Algenbranche nutzen? Technisch gibt es sicher einige Konzepte, wie Algenkultivierung (Photobioreaktor) und Photovoltaik kombiniert werden können.

    Und kennen Sie schon das europäische Algenprojekt EnAlgae? Zwischen 2011 und 2015 fördert die EU-Kommission dieses aus 19 Teilprojekten bestehende Gesamtprojekt, in welchem 7 europäische Staaten zusammenarbeiten.

    Sonnigen Abend.

  3. Wussten Sie, dass nicht zuletzt durch Anbau von Energiepflanzen die Bodenpreise auch in Deutschland ins Unermessliche gestiegen sind.
    Leider können es sich dadurch viele Jung-Bauern nicht mehr leisten, Äcker zu pachten, um darauf nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben.
    Boden in Deutschland ist zum Spekulationsobjekt geworden und wird mittlerweile bevorzugt auch ausländischen Käufern erworben.
    Das kann nicht Sinn der Sache sein!

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