Spiegel Online zeigt sich immer mehr als einseitiger Gegner der Bioenergie

Spiegel Online BioenergieEinige meiner Freunde lesen Spiegel Online und gehören damit zu den rund 180.000.000 monatlichen Besuchern des Nachrichten-Magazins. Umso enttäuschter bin ich, dass SPON bereits seit mehreren Monaten einen Artikel nach dem Anderen herausbringt, um den Anbau und die Nutzung von Energiepflanzen sehr negativ darzustellen. Würde es sich um faire Kritik handeln, würde ich auch von kritisieren sprechen, aber den Artikeln fehlt dafür, zumindest aktuell, jegliche ausgewogene Berichterstattung. Die negativen SPON-Artikel über die Bioenergie möchte ich in diesem Artikel etwas hinterfragen.

Erst in der vergangenen Woche wurde wieder ein sehr einseitiger Spiegel-Online-Artikel über die Schuld der Bioenergie am Welthunger vom SPON-Kolumnisten Jan Fleischauer („S.P.O.N. – Der Schwarze Kanal“) veröffentlicht. Beim Lesen des Artikels gewinnt man den Eindruck, dass die Bioenergie jetzt sogar noch die Verantwortung für die Auswirkungen einer der schlimmsten Dürrejahre in den USA übernehmen sollte. Weiterhin wird der Nutzung vom Biokraftstoff-Gemisch E10 im Ansatz sogar mit der Katastrophe von Fukushima verglichen!

Auf den Sündenbock für viele globale Probleme scheint man sich bei Spiegel Online geeinigt zu haben und wie beim Umgang mit anderen Sündenböcken auch, werden von den SPON-Journalisten viele allgemeine Ängste in die Bioenergie projiziert. Ich kann es nur immer wieder betonen, dass die Bioenergie kritisiert werden muss, aber dass sich diese an neutralen Fakten und aktuelle Entwicklungen orientieren sollte. Der SPON-Artikel vom 23.08.2012 lebt allerdings wieder von zahlreichen einseitigen Angriffen gegen die Bioenergie und die Politiker, welche diese Energieform bisher unterstützt haben.

Man kann immerhin vermuten, dass es dem Autor des Artikels tatsächlich um das Wohl der „Menschen in Afrika“ geht und er mit seinem zeitweise sehr spöttischen Artikel dazu beitragen möchte, deren Schicksal zu verbessern. Aber abgesehen von heftigen Anschuldigungen gegenüber der Bioenergie kommt der Journalist nicht dazu, Fortschritte für Menschen in Entwicklungsländern durch die Bioenergie zumindest anzuerkennen oder Lösungen für tiefergehende Konflikte der Landwirtschaft anzubieten. Der aktuelle Nutzen und die bestehenden Potentiale der Bioenergie werden ausgeblendet, weil das scheinbar nicht zum Image eines ausgemachten Sündenbocks passt. Das Ziel des Artikels scheint die schnelle Emotion und Provokation zu sein, indem teilweise veraltete Informationen, fast ausschließlich negative Argumente und einseitige Prognosen zu einem dunklen Puzzle von der Bioenergie zusammengesetzt werden. Für veraltetet halte ich beispielsweise die Beurteilung und Darstellung der Bioenergie als zentrale Ursache für die zunehmenden Schwankungen der globalen Nahrungsmittelpreise und die Ausblendung, bzw. fehlende Anerkennung, der getätigten politischen und verfahrenstechnischen Maßnahmen sowohl zur Lösung des Tank-oder-Teller-Konflikts, als auch bei der Verhinderung von Regenwaldabholzungen für Biokraftstoffe (Palmöl –> Biodiesel) durch den Aufbau der Nachhaltigkeitszertifizierung.

Vor allem kann man in dem Artikel die Abneigung des Autors gegenüber Renate Künast erkennen und in diesem Sog aus heftiger Kritik gegenüber der Arbeit der Grünen-Vorsitzenden, wird dann auch allgemein über die Bioenergie gerichtet. Solche Kolumnen tragen hoffentlich zur Unterhaltung von Zynikern bei, denn ein verantwortungsbewusster Journalismus zur konstruktiven Gestaltung der Energiewende sind sie in meinen Augen nicht.

Herr Fleischauer kommt nach seinem beruflichen Aufenthalt in New York auch dazu, dass er teilweise über die Mentalität der Deutschen spekuliert. Betrachtungen dieser Art finde ich meist sehr spannend, weil ich selbst einige Zeit im Ausland verbracht habe und der Blick auf die eigene Kultur sich automatisch ändert. Aber einer der Vorwürfe, mit denen wir Deutschen uns häufig konfrontiert sehen ist, dass wir viel zu viel meckern. Zumindest in diesem Punkt wird der Journalist mit seinem Artikel über die Bioenergie seinen deutschen Wurzeln sehr gerecht.

Man muss sich fragen, warum das Magazin Spiegel Online und die Kolumnisten von S.P.O.N. bei der Bioenergie eine so einseitige Berichterstattung wählen, obwohl die Bioenergie neben den berechtigten Kritikern immerhin auch zahlreiche Befürworter auf ihrer Seite hat. Aber diesen PRO-Argumenten wird bei SPON scheinbar kaum Gehör geschenkt und man kann schon im Ansatz des Artikels erkennen, dass Themen wie Nachhaltigkeitszertifizierung, Biokraftstoffe der nächsten Generation oder das Thema des Maisdeckels im EEG 2012 keinen Zugang zum Bewusstsein von Herr Fleischauer gefunden haben oder von diesem nicht ernst genommen werden. Hält Herr Fleischauer die Befürworter der Bioenergie allesamt für Idioten oder unmoralische Großkapitalisten (Fleischauer ist Autor des Buchs „Unter Linken – Von einem der aus Versehen konservativ wurde“) oder zeigen diese Artikel eine Art von satirisch notwendigem Humor, den ich nicht verstehe?? Wer so vereinfacht und drastisch über Biogas und Biokraftstoffe schreibt, hat sich nicht kritisch und tiefgehend mit der Bioenergie und der internationalen Landwirtschaft auseinandergesetzt, sondern baut mit vorgefertigten Meinungen nur am Sündenbock-Status dieser alternativen Energieform.

Warum will eine der auflagestärksten Nachrichten-Webseiten in Deutschland die Bioenergie auf so aggressive Weise stoppen? Haben Sie eine Erklärung?

5 Kommentare zu „Spiegel Online zeigt sich immer mehr als einseitiger Gegner der Bioenergie“

  1. Auch bei der FAS wird seit einigen Wochen regelmässig gegen die Bioenergie getrommelt. Die FAS hat immer mal ein Thema, dass Woche für Woche diskutiert wird. Wenn diese Woche erneut ein solcher Artikel erscheint, würde ich sagen, die Bioenergie ist ein solches Thema. Wäre wirklich interessant zu wissen, warum dieser Gegenwind…

  2. Danke Manuel für den Hinweis mit der FAS. Einige sehr kritische FAS-Artikel habe ich ebenfalls gelesen und glaube, dass vor allem die Bioenergie-Studie der Leopoldina und die Forderungem zum vorübergehenden E10-Stopp von Bundesumweltminister Niebel den aktuellen „Shitstorm“ gegen die Bioenergie hervorgerufen haben. Einige Zeitungen (Welt Online, Süddeutsche, Euwid Neue Energien etc.) bringen erfreulicherweise auch neutralere Artikel und stellen Risiken und Potentiale gleichermaßen vor.

    Die Initiativen (Koch/ Waltgenbach) gegen neue Biogasanlagen in bestimmten Regionen (Vermaisung, Wildschweine, Gewässerschutz, Flächeneffizienz etc.) kann ich durchaus verstehen und ich möchte mich nicht gegen die Notwendigkeit von Bürgerinitiativen im Zusammenhang mit Biogasanlagen stellen. Durch den Erfolg der Biogastechnologie in einigen Bundesländern, der während der vergangenen Jahre festzustellen ist, gibt es mit Sicherheit auch Fehlentwicklungen die erkannt und gestoppt werden müssen. Aber das bedeutet nicht, dass Biogasanlagen immer verkehrt sind oder die Bioenergie als Ganze in Frage gestellt werden muss – hier gehen mir die Kritiker viel zu undifferenziert und radikal vor. Jemand der in einer Region mit einem rasanten Anstieg von Biogasanlagen lebt, wird an dieser Stelle teilweise eine andere Meinung vertreten. Aber man sollte die kritische Situation in einigen Gebieten Niedersachens, mit einer hohen Biogasdichte, auch nicht verallgemeinernd auf alle Bundesländer übertragen.

  3. @Koch/Waltgenbach… ja aber es gibt auch Argumente für „Bio“-gas aus Nahrungsmitteln. DIe bloße Existenz von Argumenten reicht leider nicht aus, um die Berichterstattung überregionaler Zeitungen zu erklären.

    Ach noch was… wir spülen unsere Toiletten mit wertvollem Trinkwasser. Warum? Da gibt es auch 1000 Argumente dagegen, viele kann man einfach von den Bioenergie-Gegnern übernehmen. Wieso gibt es hier keine Berichterstattung.

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