Kritik an Biokraftstoffen – ein Streit zwischen Optimisten und Pessimisten

In der vergangen Woche habe ich eine Pressekonferenz des Deutschen Biokraftstoffverbands (VDB) besucht, die eine weitere Etappe im aktuell sehr zähen und langwierigen Kampf der Biokraftstoffbranche darstellte. Ich bin Bioenergie-Enthusiast und es schon sehr traurig mit anzusehen, wie eine Branche die mit so viel positiver Energie gestartet ist, in den letzten Jahren immer stärker um ihre Daseinsberechtigung kämpfen muss. Meine Hochachtung vor den Biokraftstoff-Akteuren, die momentan ein schweres Kreuz tragen und von leidenschaftlichen Kritikern als zentraler Sündenbock für Hunger und Umweltzerstörung angeprangert werden. Die Welt wird durch die häufig sehr eindimensional geäußerte Kritik keine bessere, aber die Branche ist ein überschaubarer und greifbarer Gegner.

Welches Clean-Tech-Ideal kann die Biokraftstoff-Branche erfüllen?

Ich bin sicher nicht der Einzige, dem die feindselige Kritik an den Biokraftstoffen schon mehr als zu den Ohren heraushängt. Dieser Artikel ist deshalb auch emotionaler als die meisten anderen auf diesem Blog. Ich warte eigentlich nur noch auf den Tag, an dem die scharfen Kritiker (und an diese richtet sich mein strenger Tonfall) den Biokraftstoffen auch noch das schlechte Wetter, einen verpatzten WM-Titel der Nationalmannschaft oder den ärgerlichen morgendlichen Fahrradplatten in die Schuhe schieben.

Die Branche tut ja bereits alles erdenklich Mögliche, um auch auf noch so einseitig geäußerte und teilweise sehr abstrakte Kritik (ILUC) konstruktiv und änderungsbereit zu reagieren. Dabei belastet sie sich selbst mit immer höheren Auflagen und gräbt sich bei ihrem Wunsch zur Erfüllung eines nicht zu erreichenden Cleantech-Ideals, der strengen Kritiker, nebenbei gleich ihr eigenes Grab.

Ich bin gespannt, ob die Konfrontation der Biokraftstoff-Branche mit den schärfsten ökologischen Nachhaltigkeitskriterien die ein Wirtschaftszweig bisher gesehen hat, den Berufskritikern ausreichen wird, damit sie der Biokraftstoffbranche nun mit etwas mehr Geduld begegnen. Die Bürokratie der Nachhaltigkeitszertifizierung macht die Herstellung von Biokraftstoffen  zumindest für Investoren eher unattraktiv, teuer und der Marktzugang wird weiter erschwert.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Kritiker von Biokraftstoffen nur dann bereit sind diesen eine faire Chance zu geben, wenn Biokraftstoffe vorher im Alleingang den Hunger dieser Welt stoppen oder die Branche ein hundertprozentiges Schutzschild für jegliche Regenwaldabholzung weltweit entwickeln kann.

Mich beeindruckt, dass die Unternehmen der Biokraftstoffbranche trotz der starken wirtschaftlichen Belastungen der vergangenen Jahre und der unsicheren Perspektive weiter so leidenschaftlich und änderungsbereit für ihren Platz im Verkehrsbetrieb von Morgen einsetzen.

Vorstudie zu den Schwankungen der Weltmarktpreise von Agrarrohstoffen

Wenn wir Biokraftstoffe stoppen, dann stoppen wir auch den Hunger. Was für ein wunderbares Geschenk wäre das?!

Auf der Pressekonferenz des VDB und der UFOP zur Vorstellung einer aktuellen Vorstudie über die Volatilität von Agrarrohstoffpreisen auf internationalen Märkten hat Elmar Baumann eine sehr offene Aussage geäußert. So sagte der Geschäftsführer des VDB, dass die deutsche Biokraftstoffbranche ihre Zelte mittelfristig abbauen wird, wenn es wissenschaftlich belegbare Beweise dafür gibt, dass Biokraftstoffe die Entwicklung des Hungers in der Welt fördern!

Dieser Zusammenhang lässt sich den Ergebnissen der Studie zur Folge aber nicht herstellen.

Die Vorstudie von Prof. Michael Schmitz (Agrarökonom am Institut für Agrarpolitik und Marktforschung) hat vor allem gezeigt, dass die Entwicklung der globalen Nahrungsmittelpreise (langfristig wie kurzfristig) ein sehr komplexes Thema ist und in der Wahrnehmung leider mit vielen Verallgemeinerungen belastet ist. Der Einfluss von Biokraftstoffen auf die Schwankung der Weltmarktpreise von Agrargütern ist neben Konjunkturschwankungen, Witterungsbedingungen etc. nur einer von vielen Faktoren. Dabei haben Biokraftstoffe häufig sogar einen stabilisierend Einfluss auf die Marktpreise-Entwicklung von Agrarrohstoffen.

Eine allgemeingültige Aussage über die Auswirkungen von Biokraftstoffen auf die Binnenmärkte zu erreichen, ist nicht möglich und vor allem stark abhängig von der Politik des jeweiligen Landes. Traditionelle Nahrungsmittel von Entwicklungsländern wie Cassava oder Sorghum sind sogar häufig von den Weltmarktpreisen abgekoppelt. Wenn ich Prof. Schmitz und die Ergebnisse der Studie richtig interpretiere, sollte man mit vorschnellen und meist emotionalen Schlussfolgerungen über den Zusammenhang zwischen dem Handel mit Biokraftstoffen und der Entwicklung des Welthungers vorsichtig umgehen.

Hier finden sie die Pressemitteilung des VDB und der UFOP zur Studie.

Radar zum finden von Biokraftstoffe Kritik
Wir dürfen nicht nur die Risiken von Biokraftstoffen suchen, sondern müssen auch ihre Chancen vergleichen.

Biokraftstoff-Pessimisten: paralysiert von den Risiken

Eine negative Einstellung gegenüber Biokraftstoffen kann bekanntlich unterschiedlich motiviert sein. Auf eine andersartige Vorstellung vom technologischen Design der Energiewende auf Grund von anderen wirtschaftlichen Interessen (z.B. Elektromobilität, Wasserstoff) möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Dieser Grund für die Ablehung von Biokraftstoffen ist rational nachvollziehbar und jedem steht bekanntlich frei, welche „Dekarbonisierungs-Strategie“ er für den Verkehrssektor für am geeignetsten hält. Die Politik spricht in diesem Zusammenhang gern von einer „technologieoffenen“ Verkehrsstrategie (die letzte stammt hier aus dem Jahre 2004).

Aus Diskussionen mit Biokraftstoff-Gegnern habe ich aber auch gelernt, dass ein Großteil der Ablehnung auf eine sehr pessimistische Einstellung gegenüber der Energie aus Biomasse und der Verbrennungstechnologie allgemein basiert. Diese Wahrnehmung basiert wiederum auf der stark negativ geprägten Berichterstattung zu Biokraftstoffen in den vergangenen Jahren.

An dieser Stelle muss auch die Bioenergie-Branche deutlich aktiver werden und für die großen Potentiale der Bioenergie und ihre Vorstellungen von einem modernen Verkehrssektor der Zukunft zu werben. Wenn wir zulassen, dass die Pessimisten und von den Risiken paralysierten Kritiker die Debatte bestimmen, dann braucht sich die Biokraftstoffbranche nicht wundern, dass sie sich in einer aktuell so schwierigen Lage wiederfindet. Mehr positive Schlagzeilen die über technologische Innovationen, erfolgreiche internationale Partnerschaften oder den Ausbau der Biokraftstoff-Infrastruktur berichten, wären zumindest ein positiver Gegenpol, der die konstante Verteidigungsposition der Branche in den vergangen Jahre auflockert.

Ein kritischer Blick auf die verschiedenen alternativen Energieträger der Energiewende ist wichtig. Etwas salopp gesagt, muss man die Kirche hierbei aber auch im Dorf lassen. Ein stark übertriebener und verallgemeinernder Pessimismus gegenüber Biokraftstoffen ist destruktiv und schafft weder Arbeitsplätze, noch hilft er beim Klimaschutz.

In Bezug auf die Regenwaldzerstörung gibt es faule Äpfel unter den Biokraftstoffen, die aber vor allem bei Biodiesel aus Palmöl zu finden sind. Dieser Biodiesel wird aber beispielsweise in Deutschland gar nicht verwendet und Biokraftstoffe welche nicht die entsprechenden Nachhaltigkeitszertifikate nachweisen können, dürfen seit Anfang 2011 nicht mehr in Deutschland eingesetzt werden. Insgesamt werden 96 Prozent des weltweit produzierten Palmöls in der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie und „nur“ 4 Prozent energetisch genutzt.  Das sollten die Verbraucher an der Zapfsäule auch wissen. Wenn man als Autofahrer beim Tanken an der Zapfsäule die Rodung von Regenwald im Hinterkopf hat, wird man sich natürlich nicht besser fühlen.

Biokraftstoff-Optimisten: geblendet von den Chancen

Es ist wichtig, dass wir in Bezug auf alternative Energieversorgungssysteme auch den Mut zum Träumen haben. In der Politik wird man für das Formulieren von echten Visionen leider schnell mit Spott konfrontiert. Kein Wunder, dass der mutige und schnelle Aufbau einer wirklich neuen Energieversorgung bei einer geringen politischen Akzeptanz für „realitätsferne Träumer“ nicht einfach ist.

Dabei ist die Notwendigkeit von Cleantech-Träumen bei der auf Verbrennungstechnologien basierenden Bioenergie nicht einmal sonderlich groß und das Traumpotential von der Photovoltaik (Dessertec), Wasserstoff oder der Fusion viel größer.

Genau diese Nähe zur heutigen Realität und der bewährten Verbrennungstechnologie ist aber auch die große Stärke der Bioenergie, die als direkte Maßnahme zum Klimaschutz und zur Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl eingesetzt werden kann. Ich möchte bei Biokraftstoffen nicht unbedingt von einer Brückentechnologie sprechen, aber langfristig (!) betrachtet werden Biokraftstoffe mit Sicherheit ersetzt werden. Diese Ablösung wird noch dadurch unterstützt werden, dass mittelfristig betrachtet die stoffliche Nutzung von Biomasse immer wertvoller wird.

Gerade beim Vorwurf, dass Biokraftstoffe den Hunger in der Welt verstärken, kann man auch sehr leicht Szenarien entwickeln, bei denen Biokraftstoffe sogar ein Teil  der Lösung des Welthungers bilden. Bezogen auf ihre wissenschaftliche Beweisbarkeit sind diese Szenarien allerdings genauso (un-)belegbar, wie die Negativ-Interpretationen  der Pessimisten zu Biokraftstoffen und dem Welthunger.

Dafür möchte ich kurz ein Argument ausführen, welches von einem Vertreter des Fachverbands Biogas bei der Pressekonferenz zur Studie angedeutet wurde. So können Biokraftstoffe (Pflanzenöle) die landwirtschaftlich Produktion in vielen Entwicklungsländern auch stark fördern. In Ländern, denen das nötige Kapital oder die Pipeline- Infrastruktur fehlt, können Biokraftstoffe den Einsatz von produktionsstärkenden landwirtschaftlichen Maschinen erst ermöglichen und die Produktion von Nahrungsmitteln beschleunigen.

Aber Achtung, vor einer gut gemeinten Ausblendung der Risiken von Biokraftstoffen, in Bezug auf die Umweltzerstörung oder die Verdrängung von Nahrungsmitteln, müssen sich vor allem Bioenergie-Optimisten wie ich schützen.

Fazit eines Biokraftstoff-Realisten

Das Einstiegszitat von Konfuzius zu Herzen nehmend („Alle Dinge haben Schönheit, aber nicht jeder kann sie sehen“) werde ich versuchen auch in dem ziemlich destruktiven Handeln der sehr scharfen und unter der Gürtellinie agierenden Kritiker von Biokraftstoffen etwas Schönes oder Nützliches zu sehen. So kann ich ihre Leidenschaft und Hartnäckigkeit respektieren und etwas humorvoller ihre Fähigkeit zur Abstraktion und Verallgemeinerung anerkennen.

Als Träumer sollte man vielleicht nicht unbedingt in die Politik gehen, in der jede Veränderungen hart erkämpft werden muss und Entwicklungen meist relativ langsam vor sich gehen und wir den 3-Schritte-vor-2 Schritte-zurück-Tanz beobachten. Optimisten können wir in der Politik allerdings sehr gut gebrauchen und an diesen mangelt es meiner Wahrnehmung nach auch nicht.

In den Medien benötigen wir aktuell aber deutlich mehr Journalisten und Autoren, die optimistischer über Biokraftstoffe schreiben und für die zahlreichen Vorteile dieses nachwachsenden Energieträgers werben oder zumindest auch von den erfreulichen Beispielen erzählen für die Biokraftstoffe weltweit verantwortlich sind. Die moralische Diskussion zur Bioenergie sollte weitergeführt werden, aber diese Argumente dürfen nicht die Einzigen in der Debatte bilden!

Wenn sie an dieser Stelle eine schöne Geschichte beisteuern können, dann schreiben die doch einen Gastartikel für diesen Blog.

Biokraftstoffe sind kein grüner Zaubertrank und natürlich ist die Biokraftstoffbranche auch kein Ponyhof. Aber das kann kein Wirtschaftszweig von sich behaupten und selbst bei der Herstellung und dem Verkauf von Kuscheltieren werden in einem Teil der Welt Menschenrechte verletzt. Trotzdem würden wir nicht so weit gehen und behaupten, dass Kuscheltiere allgemein ein riskantes Produkt sind.

Meiner Meinung nach ist die negative Einschätzung von Biokraftstoffen in diesem Bereich vor allem die Projektion einer vorherrschenden Wut auf die Biokraftstoff-Branche. Ursache für diese Wut könnte beispielsweise die gefühlte Hilflosigkeit bei der Bekämpfung des Welthungers sein. Mit der Beschimpfung von Biokraftstoffen kann man dem bedrückenden Zustand des Welthungers wenigstens eine greifbare Ursache zuordnen und diese aktiv  bekämpfen. Durch die Verurteilung von Biokraftstoffen stellt sich dann wenigstens das erlösende Gefühl ein, dass dieser belastende Status Quo der Welternährung schnell überwunden werden könnte oder Entwicklungen wie die in Mexiko künftig verhindert werden können.

Lassen sie uns gemeinsam dazu beitragen, dass Biokraftstoffe eine echte Chance erhalten, einen positiven Beitrag zum Klimaschutz und zum Entzug von Erdöl zu leisten. Wenn dann in 30 Jahren andere Alternativen im Verkehrssektor markttauglich sind, dann können Biokraftstoffe auch gerne in Rente gehen und somit dem Schicksal des Tonbands, der Musikkassette oder der Mini-Disc folgen.

10 Kommentare zu „Kritik an Biokraftstoffen – ein Streit zwischen Optimisten und Pessimisten“

  1. Natürlich hält nicht alles, was heute Biokraftstoff genannt wird, einer eingehenden Prüfung unter CO2-bilanziellen Aspekten stand. Und auch die Konkurrenz zu Lebensmitteln ist aus verschiedensten Gründen nicht von der Hand zu weisen -aber auch ich plediere dafür, mehr Chancen zu sehen anstatt Risken groß zu reden. Ein kritischer Diskurs dazu ist gut und wird die Ansätze der Industrie immer weiter verbessern, allerdings sehe ich mittelfristig keine Alternative zu flüssigen Energieträgern die in bestehende Lieferketten und Infrastrukturen eingebunden werden können. Vielleicht können Mikroalgen in Zukunft parallel Protein und Öl erzeugen, damit wäre zumindest die Diskussion Tank oder Teller vom Tisch…

  2. Vielen Dank für das offene und differenzierte Statement zu einer schwierigen Debatte. Leider erklären sich aktuell noch zu wenig Akteure dazu bereit, auch häufiger auf die großen Chancen (!) von Biokraftstoffen zu verweisen. Bei der aktuell stark negativ gefärbten und sehr kritischen Berichterstattung kann man das wahrscheinlich auch keinem verübeln.

    In meinen Augen ist besonders problematisch, dass die schlimmsten Nachrichten die einen zu Biokraftstoffen erreichen, in vielen (leider häufig oberflächlichen) Artikeln schnell verallgemeinert werden und man den Eindruck erhält, dass der Großteil der Biokraftstoffe so funktioniert. Das müssen wir ändern und diese Kritik wird den Biokraftstoffen, schon gar nicht den in Deutschland produzierten, nicht annähernd gerecht.

    Die Algenbranche hat ja in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht und ich weiß, dass einige Länder im Bereich der Mikroalgen sehr aktiv sind. Schön dass dieser innovative Zweig der Bioenergie mit so vielen positiven Nachrichten aufwarten kann. Die Lektüre des Algae Observer ist deshalb eine wirkliche Bereicherung auch für die Bioenergie-Debatte!

  3. Ein interessanter Artikel… ich, obschon nicht sonderlich an EE-Technologie interessiert, bin auch schon mit stark negativen Berichten zum Thema Bioenergie in Kontakt gekommen – dies dann in „fach-fremden“ Zeitungen und Journalen wie der Schrot und Korn.

    Positive Berichte sind mir bislang in der „normalen“ Presse nicht untergekommen. Sicher ließe sich dergleichen problemlos im Netz finden, doch wäre wohl das meiste aus der Branche selbst und entbehrte somit, zumindest in den Augen vieler Normalbürger, der Objektivität. Schreibt ein Mitarbeiter einer Bionergie-Firma einen positiven Artikel, dann nur deshalb positiv, weil die Firma ihr Produkt verkaufen will, während sich eine Zeitschrift wie die Schrot und Korn dem Thema vorbehaltlos nähern kann – so zumindest die Wahrnehmung vieler Leute.

    Daher stimme ich zu, dass eine ausgewogenere Berichterstattung in den Medien angebracht wäre.

    Weiterhin möchte ich anmerken, dass die Perspektive einer mittelfristigen Verrentung der Bioenergie eine sehr interessante ist. Doch könnte ein Zeitraum von 30 Jahren evtl zu kurz sein um kostspielige Investitionen in Forschung und Entwicklung durch Gewinne refinanzieren zu können. Wenn das in 30 Jahren eh abgewickelt wird, dann investiere ich doch lieber gleich in die Technologien, die uns langfristig mit Energie versorgen. Daher sollte man diese Aussicht vielleicht nicht zu offensiv vertreten, will man nicht Investoren verschrecken.

    Abschließend würde mich interessieren, ob der Wind, der der Branche ins Gesicht bläst, ein spezifisch Deutsches Phänomen ist, sind die Deutschen doch prinzipiell ein Neuerungen gegenüber sehr kritisch (nicht negativ – nur kritisch) eingestelltes Volk, das alles zunächst von allen Seiten betrachtet – was ja nicht schlecht sein muss, es ist halt nur nicht besonders dynamisch.

    Also, ist die Branche auch in anderen Ländern derart unter Druck? Würde mich freuen, wenn Sie dazu einige Informationen hätten.

    Danke für den Artikel und eine schöne Woche

    Manuel

  4. Da stimmt ich Ihnen zu, dass viele Verbraucher in der Regel den kritischen oder branchenfremden Medien eher ihr Vertrauen schenken, weil sie diesen eine größere Neutralität und Distanz zutrauen.

    Biokraftstoffe sind aber nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich ein sehr brisantes Thema und es gibt viele Akteure im Kraftstoffbereich, die von einem zu schnellen Wachstum von alternativen Biokraftstoffen sicher nicht nur begeistert sind. Ich denke, dass man nicht an Verschwörungstheorien glauben muss, um einzusehen, dass etablierte Marktteilnehmer gegen den ein oder anderen negativen Artikel zu Biokraftstoffen wahrscheinlich nichts einzuwenden haben. Ein realistischer Blick darauf, wie Wirtschaft und Märkte funktionieren, reicht glaube ich aus, um diese Perspektive zu teilen.

    Deshalb bin ich mittlerweile ziemlich misstrauisch geworden, ob viele der sehr scharfen Kritiker in den fachfremden Medien wirklich einen neutralen Blick auf die Biokraftstoffe werfen oder eben auch einfach Geld verdienen wollen/ müssen. Weiter will ich auf diesen Aspekt gar nicht eingehen.

    Ob es sich bei dieser technologiekritischen Einstellung um ein typisch deutsches „Problem“ handelt, finde ich eine sehr interessante Frage, die wahrscheinlich ein Technikphilosoph oder Kulturwissenschaftler besser beantworten könnte.

    Nach meiner Einschätzung sind die Deutschen im Bereich der Bioenergie Weltmarktführer (zumindest beim Biogas), stoßen deshalb auch als erste auf Konflikte beim Ausbau der Bioenergie und müssen sich mit der moralischen Dimension der Bioenergie auseinandersetzen. Meine Erfahrung sagt mir aber auch, dass wir Deutschen häufig sehr vorsichtig bei Neuerungen voranschreiten (würde ich mich nicht ausnehmen) und wir durch die Ereignisse der Vergangenheit vielleicht manchmal lieber alles 3x durchdenken und eine sehr hohe Wertschätzung für das Thema Sicherheit haben. Hierbei stimme ich Ihnen zu, dass das nicht negativ ist, aber man in Bezug auf die Innovationsgeschwindigkeit natürlich schnell von anderen Ländern überholt werden kann.

    Vielen Dank für Ihren anregenden Kommentar und die interessante Frage.

  5. Eins vorweg, ich bin auch Bioenergie-Anhänger.
    Muss man sich nicht wundern, dass es viele Skeptiker gibt, wenn man so verschwenderisch mit den Biomasse-Ressourcen umgeht? Beste Beispiel dafür ist Rapsöl mit etwa 12.000 KWh Ertrag je Hektar. Hinzu kommt der saumäßige Wirkungsgrad vom Verbrennungsmotor. Der Ertrag von einem Hektar reicht also gerade mal für einen PKW und Jahr. Derzeit werden etwa 910.000 ha Raps angebaut für Kraftstoffe. Quelle: http://www.url5.de/1874
    Das Energie-Potenzial pro ha liegt bei über dem zehnfachen, bei Anbau von entsprechenden Energiepflanzen (zB. Igniscum), die man z.B. als Pellets verbrennen kann. Wirkungsgrad Pelletofen: ca. 90%.

  6. Die energetische Nutzung von Biomasse sollte auf jeden Fall auch in Bezug auf die effizientesten Anwendungen hinterfragt werden. Die Berechnung der Öko- und Energiebilanzen ist allerdings nicht ganz einfach und es droht schnell ein leideschaftlicher Konflikt zwischen den verschiedenen Anwendungen. Die Bioenergie-Branche sollte meiner Meinung nach aberwenn möglich verhindern, sich auch noch intern zu zerstreiten, wo sie doch im Moment von außen schon stark auf den Deckel bekommt.

    Über die Nutzung von Igniscum weiß ich noch vergleichsweise wenig, aber das Energie-Potential sich spanndend an. Gibt es denn in Deutschland Anbaugebiete für Staudenknöterich die über kleine Versuchsanlagen hinausgehen? Wäre interessant einen Erfahrungsbericht von einem Landwirt/ Bauer zu hören.

    Danke für den Kommmentar!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.