Reaktionen aus Deutschland auf den Vorschlag zur Änderung der Biokraftstoffziele für Europa

Europa Flagge Wie wurde der Vorschlag der EU-Abteilung „Klimapolitik“ zur Umformulierung der Biokraftstoffziele für 2020 hierzulande aufgenommen? Einige eingefangene Reaktionen in den Medien und die veröffentlichten Stellungnahmen der Bioenergiebranche werden in diesem Artikel vorgestellt. Abschließend gibt es ein kleines Fazit zu den möglichen Auswirkungen für den weiteren Ausbau des Hoffnungsträgers Bioenergie, sollte der Vorschlag umgesetzt werden.

Biokraftstoffziele und die Berückschtigung des „ILUC-Faktors“

Es gibt 33 Abteilungen, bzw. Generaldirektion (GDs), welche der EU-Kommission unterstehen. Von allen GDs hat kürzlich eine, die GD für Klimapolitik, den Vorschlag zur Anpassung der Biokraftstoffquote für das Jahr 2020 eingereicht. Bei Umsetzung des Vorschlags zur Änderung der Biokraftstoffziele durch die EU-Kommission wäre den Staaten der EU27 nur noch gestattet 5 Prozent an Biokraftstoffen der ersten Generation einzusetzen, um das bestehenbleibende Ziel von 10 Prozent an erneuerbaren Kraftstoffen bis 2020 zu erfüllen. Die verbleibenden 5 Prozent müssten aus Biokraftstoffen bereitgestellt werden, die aus Abfällen, landwirtschaftlichen Reststoffen oder Algen produziert wurden und somit zu den Biokraftstoffen der nächsten Generation gehören („advanced biofuels“).

Das könnte nun die Brüsseler Entscheidung darüber sein, wie Europa mit dem Thema ILUC und Biokraftstoffe umgehen wird. Auf die Entscheidung zu den indirekten Landnutzungsänderungen wurde lange gewartet. Bereits seit einigen Jahren quälte sich die EU-Kommission mit einer rechtskräftigen Entscheidung zur Gestaltung des „ILUC-Faktors“. Nun hat sie sich für einen Weg entschieden, die neuesten Berechnungen zur Klimabilanz von Biokraftstoffen zu berücksichtigen und für Maßnahmen für die Klimapolitik zu ergreifen. Wichtig war auch, dass man die europäische Biokraftstoffbranche, durch die Umsetzung des IlUC-Faktors, nicht vor unlösbare Herausforderungen stellt und der Branche Möglichkeiten zur Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen lässt. Der aktuelle Vorschlag zur Anpassung der Biokraftstoffziele kann ein gelungener Kompromiß sein!

Es sollte allerdings festgehalten werden, dass die vorgeschlagene Änderung des Biokraftstoffziels bisher keine Gesetzesvorlage der EU-Kommission ist. Außerdem steht nicht fest, wie die anderen betroffenen Abteilungen auf diesen Vorschlag reagieren werden und ob dieser einen breiten Konsens finden wird. Die Energie-Abteilung hat jedoch bereits vor einigen Tagen, durch eine Aussage von Günther Oettinger, ihre Zustimmung geäußert.

Grafik zeigt Verbrauch Biokraftstoffe in Ländern Europas

Die Grafik zeigt die aktuellsten Zahlen (Eurostat, 2009) über den Biokraftstoffverbrauch in der EU27.

Reaktionen auf den Vorschlag zur Änderung der Biokraftstoffziele in den Medien

Aber welche Reaktionen hat diese Nachricht, über eine mögliche Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, ausgelöst? Beginnen wir mit einigen Artikeln und Statements in den deutschen und internationalen Medien.

Artikel über die Änderung der Biokraftstoffziele in der FAZ: „EU senkt das Ziel für Biokraftstoffe

Ein in meinen Augen sehr gelungener Artikel von Hendrik Kafsack und Jan Hauser zum Vorschlag der EU-Abteilung und über die aktuelle Biokraftstoff-Debatte. Sowohl die Argumente ILUC, die Tank-oder-Teller-Debatte, als auch der Vorschlag zum E10-Stopp von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel finden im Artikel Platz, ohne jedoch einseitig die Biokraftstoffe zu verdammen und diese als Sündenbock für das Leid auf der Erde zu präsentieren.

Artikel über die Anpassung der Biokraftstoffziele in der Süddeutschen: „Ende der Biosprit-Förderung | Unsinn der auf Feldern wächst

Ein ungewohnt schwacher Artikel zur Biokraftstoff-Debatte in der Süddeutschen Zeitung. Der Artikel bringt salvenartig einseitige Behauptungen hervor und stellt diese als Tatsachen dar. Außerdem werden in dem Artikel von Silvia Liebrich fast alle Extremfälle der Biokraftstofflandschaft auf die gesamte Branche verallgemeinert. Einer dieser Artikel, deren Lektüre besonders für Bioenergie-Enthusiasten sehr anstrengend ist. Der letzte Artikel dieser Art war der Spiegel-Online Artikel zur Bioenergie von Jan Fleischauer. Auch beim Artikel von Frau Liebrich kann man herauslesen, dass sie eine starke Befürworterin der Solartechnologie und E-Mobilität ist und die Bioenergie wahrscheinlich vor allem als Konkurrenten wahrnimmt. Traurig – wenn man bedenkt, dass es auch Ideen für die engere Zusammenarbeit von Bioenergie und Solarenergie gibt.

Auch sehr harte Kritik an der Bioenergie ist wichtig, aber sie sollte zumindest inhaltlich fundiert sein und einen gewissen Grad an sachlicher Fairness mitbringen. Die Konsequenzen dieses Ausspielens der erneuerbarenen Energieträger gegeneinander hilft uns bei der gemeinsamen Bewältigung der vielversprechenden und notwendigen Energiewende nur begrenzt weiter.

Zur Entschuldigung von Frau Liebrich muss ich eingestehen, dass ich ab und an auch Artikel schreibe, in denen ich mich über bestimmte Entwicklungen etwas unprofessionell auslasse. Im Nachhinein bin ich nicht sehr glücklich mit diesen Artikeln und sie zählen sicher nicht zu dem Konstruktivsten was der Bioenergie-Blog zu bieten hat.

Artikel bei Welt-Online zur Änderung der Biokraftstoffziele „ILUC-Effekt: Brüssel schafft E10-Subventionen ab

Der Artikel von Stefanie Bolzen und Claudia Ehrenstein bei Welt-Online zeichnet sich dadurch aus, dass er auch die Stellungnahme des Umweltschutzverbands BUND und die vom Bündnis 90/ Die Grünen vorstellt, welche den Vorschlag zur Änderung der Biokraftstoffquote unterstützen. Außerdem werden die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Biokraftstoffstrategien Europas (Europa setzt auf Biodiesel) und den USA (USA setzen auf Bioethanol) hervorgehoben. Allerdings finde ich die im Artikel vorgenommene Interpretation der EU-Geschehnisse etwas vorgreifend, da es sich immerhin erst um einen Vorschlag handelt! Außerdem kann die aus dem Vorschlag gezogene Schlussfolgerung des Artikels, über die Abschaffung der Subventionen für E10 ab 2020, nicht ganz nachvollziehen.

Artikel auf dem Biofuels Digest über die Biokraftstoffziele Europas (englisch) „Did the EU really just abandon biofuels?“

Ein wiedermal sehr konstruktiver Artikel von Jim Lane, Redakteur des meistgelesenen Biokraftstoff-Blogs der Welt, der aus Übersee einen vergleichsweise entspannten Blick auf den Vorschlag der EU-Abteilung wirft. Dabei wird der Vorschlag vor allem als Absage gegenüber den getreidebasierten Biokraftstoffen und als klares Bekenntnis für Biokraftstoffe der kommenden Generation verstanden. Jim Lane geht in seinem Artikel vor allem auf die verschiedenen Auswirkungen ein, welche sich aus einer eventuellen Rechtskräftigkeit des Vorschlags ergeben könnten.

Artikel der Nachrichtenagentur Reuters zum Thema Biokraftstoffziele der EU (englisch) „EU Commission to cap food-based biofuels in major shift

Der differenzierte Artikel von Barbara Lewis und Michele Kambas ist erst 1 Woche später erschienen als die zuvor genannten Artikel und bezieht die gemeinsame Stellungnahme der EU-Kommissarin für Klimapolitik Connie Hedegaard und des Energie-Kommissars Günther Oettinger bereits mit ein. Beide Abteilungen sprechen sich dafür aus, dass der Einsatz von getreidebasierten Biokraftstoffen in der EU auf 5 Prozent begrenzt wird. Außerdem enthält der Artikel die Stellungnahmen von Oxfam, welche die Begrenzung von Biokraftstoffen befürworten und sich dabei vor allem auf die Tank-oder-Teller-Debatte zu Biokraftstoffen beziehen.

Grafik zeigt Kraftstoffverbrauch von Deutschland

Die Grafik zeigt die Zusammensetzung des Kraftstoffverbrauchs in Deutschland für das Jahr 2011.

Reaktionen zur Änderung der Biokraftstoffziele aus der Biokraftstoff-Branche

Wie reagiert die Biokraftstoffbranche in Deutschland auf die vorgeschlagene Deckelung für den Einsatz von Biokraftstoffen der 1.Generation auf 5 Prozent?

Stellungnahme des VDB zur Anpassung der Biokraftstoffziele: „EU-Vorschlag ist Schlag gegen deutsche Energiewende“

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) findet deutliche Worte für die Auswirkungen des Vorschlags auf die Biokraftstoffindustrie in Deutschland und Europa. So äußert sich Elmar Baumann, Geschäftsführer des VDB, folgendermaßen:

„Der heute bekanntgewordene Vorschlag der Europäischen Kommission zur Gesetzgebung für Biokraftstoffe wäre ein herber Rückschlag für die deutsche Energiewende im Verkehrsbereich“

Weitere Stellungnahmen von Herr Baumann:

  • „Die Kommission verfolgt eine widersprüchliche und sachlich verfehlte Industriepolitik, denn durch ihre Gesetzgebung würden nun Produktionsanlagen stillgelegt, die nur gebaut wurden, um die Ziele der Europäischen Union für mehr Erneuerbare Energien im Verkehrsbereich zu erreichen“
  • „Der EU-Kommission fehlen Einsicht und Mut, die strengen Nachhaltigkeitskriterien flächendeckend auch für den Nahrungsund Futtermittelanbau einzuführen. Die willkürliche Kürzung bei Biokraftstoffen rettet keinen einzigen Hektar Regenwald“

Die Enttäuschung oder Empörung des Industrieverbands ist verständlich, wenn man bedenkt, wie stark sich die Branche in den vergangenen Jahren engagiert hat, um vor allem die ökologische Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu verbessern. Die Nachhaltigkeitszertifizierung für die Biokraftstoffproduktion, welche neue Maßstäbe für die gesamte landwirtschaftliche Produktion setzen kann, wird vor allem von den Medien kaum aufgegriffen.

Stellungnahme des BDBe | „Deutsche Bioethanolwirtschaft vermisst konstruktive Lösung bei EU-Beratungen über Biokraftstoffe“

Auch der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) sieht den Vorschlag eher als Rückschritt für die europäische Energie- und Klimaschutzpolitik. Der Geschäftsführer des BDBe, Dietrich Klein, formuliert eine alternative Handlungsmöglichkeit, welche die bestehenden Probleme konstruktiver lösen würde, als der bisherige Vorschlag.

„Die deutsche Bioethanolwirtschaft lehnt iLUC-Werte für europäische Biokraftstoffe strikt ab und warnt davor, gesetzliche Änderungen auf den IFPRI-Bericht zu stützen. Dieser kann nicht als Grundlage für gesetzliche Maßnahmen in Betracht kommen.“

  • „Anstelle einer vierfachen Anrechnung von Biokraftstoffen aus Abfällen und Reststoffen fordern wir eine wirksame und wettbewerbsneutrale Förderung. Dies kann durch einen zusätzlichen und spezifischen Mindestanteil für solche Biokraftstoffe erreicht werden. Diese Abfälle und Reststoffe, wie zum Beispiel Stroh für Bioethanol, müssen in einer abschließenden Positivliste zur Klarstellung eindeutig gesetzlich definiert werden. Damit würden die Ziele der Erneuerbare-Energien-Richtlinie noch wirksamer als bisher unterstützt.“

Stellungnahme der UFOP

Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) nimmt den Vorschlag der EU-Abteilung als „richtungsweisende Herausforderung“ für die Biokraftstoffbranche, Landwirte und den Erfassungshandel an. Als sehr pragmatische Reaktion bietet die UFOP gemeinsam mit der AGQM ein Fachseminar an, welches die Vorschläge der EU-Abteilung diskutiert.

Stellungnahme des Biokraftstoffherstellers Verbio | „Verbio unterstützt der Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Biokraftstoffziele“

Der Titel der Pressemitteilung der Verbio ist in jedem Fall eine überraschende Reaktion auf den erstmal düster klingenden Vorschlag aus Brüssel. Aber letztlich ist die Stellungnahme auch verständlich, da Verbio zu den großen Gewinnern einer solchen Änderung gehören würde. Die Verbio AG setzt schon seit einigen Jahren auf die Herstellung von Biomethan aus Stroh, womit sie zu den ersten Unternehmen weltweit gehört, welches in der Lage ist, einen Biokraftstoff der 2.Generation in großen Mengen herzustellen. Nun kommt vielleicht der Moment, in dem die frühe und mutige Umorientierung des Unternehmens belohnt wird.

Die Euphorie der Verbio AG kann ich gut nachempfinden, aber ich hätte mir in der Stellungnahme von einem der modernsten Biokraftstoffhersteller Europas trotzdem etwas mehr Rückhalt für die gesamte Biokraftstoffbranche gewünscht. Verbio profitiert zwar von dem Vorschlag und auch ich bin dankbar für die innovativen Konzepte des Unternehmens, aber die geplante Änderung der Biokraftstoffziele ist auch eine eventuell unüberwindbare Herausforderung für Hersteller die auf Biokraftstoffe der ersten Generation gesetzt haben. Diese haben Millionen investiert und könnten nun wieder einmal von der Wankelmütigkeit der Politik getroffen werden. Die mittelfristige Investitionssicherheit innerhalb der Biokraftstoffbranche wird mit diesem Vorschlag jedenfalls nicht verbessert.

Fazit eines Bioenergie-Enthusiasten zur Änderung der EU-Biokraftstoffziele

Stärker auf Biokraftstoffe der zweiten Generation zu setzen ist sicher ein mutiger Schritt Europas, der die Biokraftstoffbranche Europas in ein neues Zeitalter katapultieren kann. Die kontinuierliche Verbesserung der Biokraftstoffe und der Biokraftstoffziele sollte eine hohe Priorität einnehmen und die Abkehr von Pflanzen die auch zur Nahrungsmittelproduktion verwendet werden können, findet einen breiten Konsens in der Gesellschaft. Allerdings muss dann auch die Förderung dieser innovativen Kraftstofftypen entsprechend deutlich (!) ausfallen, da sich diese, abgesehen von Cellulose-Ethanol und Bioerdgas aus Abfällen, häufig noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden!

Es bleibt zu befürchten, dass die Biokraftstoffe der nächsten Generation, ohne eine gestärkte Präsenz der 1. Generation, nur schwer die Marktreife erreichen können. Woher soll denn in Europa das nötige Kapital für den Bau von BKS-Anlagen der nächsten Generation kommen, wenn nicht von etablierten Herstellern der 1. Generation? Immerhin kann bezweifelt werden, dass sich der deutsche Staat nach dem Rückschlag mit Choren und der so wahrgenommenen Verschwendung von Steuergeldern noch stark für die Biokraftstoffe der nächsten Generation einsetzen wird. Und für den Bau von Anlagen dieser Art werden Investitionen benötigt, die nicht im einstelligen Millionenbereich angesiedelt sind. Die Formulierung zu ambitionierter Biokraftstoffziele könnte deshalb kontraproduktiv sein.

Man muss sich außerdem die Frage stellen, ob die europäische Bevölkerung diesen Vorschlag auch als Richtungsänderung hin zu Biokraftstoffen der nächsten Generation (Cellulose-Ethanol, Algen etc.) versteht oder ob die Umsetzung dieses Vorschlags nicht als weitere Absage an der Bioenergie insgesamt gedeutet wird. Bisher war die öffentliche Bioenergie-Debatte jedenfalls nicht sehr differenziert.

Als Bioenergie-Enthusiast sehe ich den Vorschlag der EU-Abteilung Klimapolitik auf der einen Seite als mutig und sehr forschungsorientiert. Und innovationsfreudig sollte Europa sein! Allerdings halte ich den Vorschlag auf der anderen Seite auch für wenig hilfreich, um den Klimaschutz im Verkehrssektor zeitnah voranzubringen oder die Entwöhnung Europas vom global zunehmend nachgefragten Erdöl zu unterstützen. Daher wird die Konsequenz der Änderung der Biokraftstoffziele wahrscheinlich auch dazu führen, dass wir auf beiden Gebieten langsamer vorankommen. Auch aus technischer Sicht schätze ich den vorgeschlagenen Zeitrahmen, 5 Prozent Biokraftstoffe der Folgegeneration bis 2020, bei den aktuell vorhandenen Produktionskapazitäten in Europa als ziemlich problematisch/ zu ambitioniert ein.

Was denken Sie über Biokraftstoffe und den Vorschlage zur Änderung der Biokraftstoffziele der EU? Unterstützen Sie das Treten aufs Gaspedal beim Einfordern der verbesserten Biokraftstoffe? Würden Sie Ihre Meinung über den Einsatz von Bioenergie in Europa allgemein ändern, wenn es sich um Bioenergieträger der nächsten Generation handelt?

6 Kommentare zu „Reaktionen aus Deutschland auf den Vorschlag zur Änderung der Biokraftstoffziele für Europa“

  1. Energiewende und Biokraftstoffe: Absurd! Wie soll das funktionieren – rein mengenmäßig? Versucht man jetzt dieser Aussichtslosigkeit – um wenigstens der „Teller oder Tank“-Debatte zu entrinnen – durch „abfallbasierte“ Biotreibstoffe entgegen zu treten? Soll denn durch ein paar übriggebliebene Kräuter und Hackschnitzel die Energiewende in einem Transportwesen, das zu 98% fossile Treibstoffe verbraucht, eingeläutet werden? Nichts gegen die, früher noch häufiger anzutreffenden, PÖL-Automobilisten – Bioenergie in Verbrennungsmotoren zu verheizen ist der komplette Irrsinn! Sei es für individuelle Mobilität oder für den weltweiten Warenverkehr. Da muss es andere Ansätze geben, als fossilen Diesel durch Bioenergie ersetzen zu wollen.
    Gewiss ist allerdings, solange ausreichend Fördermittel fließen, werden sich dankbare Unternehmen finden, die auch hier den Rahm abzuschöpfen verstehen. Das übele Beispiel Choren, als subventionsverschlingende und hochmütige Illusion, scheint als Warnung nicht wahrgenommen zu werden.

  2. Vielen Dank Herr Breuer für Ihren kritischen Kommentar zu Biokraftstoffen. Die Pionieranlage von Choren, zur Herstellung von BtL (biomass to liquid), hat tatsächlich 30 Millionen Euro an Steuergeldern verschlungen. Das stimmt und diese Summe bleibt, auch bei den Milliardenbeträgen die aktuell durch die Medien gehen, sehr viel Geld. Aber unsere fossile Energieversorgung kostet uns auch viel Geld. Shell hat erst im vergangenen Jahr eine GtL-Anlage in Katar gebaut, deren Bau 18.000 Millionen (18 Milliarden!) Euro gekostet hat. Und dieses Geld bezahlt letztlich auch nicht irgendein Unternehmen, sondern natürlich zahlen das direkt und indirekt auch die Autofahrer. Das macht die 30 Millionen Choren-Euro nicht erträglicher, aber sie relativieren sich ein etwas. Denn auch bei der XtL-Anlage in Katar könnte man von „Irrsinn“ sprechen. Ob wir das nun gut finden oder nicht, solche Anlagen werden gebaut, weil wir Verbraucher riesige Mengen an Energie nachfragen!

    So betrachtet könnte die Frage auch lauten, für welchen Irrsinn wir uns entscheiden und ob es für uns von Nachteil ist, wenn wir unsere Abhängigkeit von den fossilen Kraftstoffen etwas lösen und dafür etwas stärker auf Biokraftstoffe, E-Mobilität und Car-Sharing-Konzepte setzen? Natürlich werden wir durch den Einsatz von Biokraftstoffen unser traditionelles Verkehrssystem nicht komplett umkrempeln können. Aber Kraftstoffe auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen sind eine zügige Drop-In-Lösung für die bestehende Infrastruktur, um zeitnah wenigstens einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz und der Reduzierung der Erdöl-Abhängigkeit zu leisten.

    Bioethanol und Biodiesel werden gerne scharf kritisiert, aber von einer echten „Alternative zu dieser Alternative“ habe ich bisher noch nicht gehört. JA, wir Bioenergie-Enthusiasten haben auch schon von E-Mobilität, Power-to-Gas etc. gehört, aber ich spreche von einem sichtbaren Anfang im Verkehrssystem von Heute und nicht erst in 20 Jahren.

  3. Nach der Meldung vom 11. September (Deckelung von Biokraftstoffen der 1.Generation auf 5% und Auslaufen der Förderung) kam am 24. September die Meldung, dass die EU in Richtung E15, E25 E85 marschieren will. Das hat was von Schlingerkurs. Einerseits ist der Strategiewechsel in der Förderpolitik richtig. Andererseits fehlen die Alternativen. Trotzdem sollen die Bio-Ethanol-Anteile erhöht werden. Warum plötzlich dieser Aktivismus? Habe das auf meiner Webseite weiter kommentiert: http://bit.ly/PcTfmB

    Viele Grüße

    chb

  4. Vielen Dank Herr Bächtle für das kritische Statement zur widersprüchlichen Bioenergie-Politik der EU. Auch die detaillierte Ausführung im Artikel „EU – Wo geht lang zum Biosprit?“ auf Zeilenwechsel finde ich sehr interessant! In vielen Punkten sehe ich das genauso und glaube, dass sich die EU27 keinen Gefallen tut, wenn sie so widersprüchliche Signale aussendet. Auch für das Image der Bioenergiebranche ist das zumindest kurzfristig nicht gerade hilfreich.

    Die EU-Kommission ist mit so unterschiedlichen Interessen konfrontiert (Umweltschutz, Klimaziele, wirtschaftliche Interessen etc.), dass es eine Herkules-Aufgabe ist, ein klares Konzept zu Biokraftstoffen & Co vorzulegen. Bei der Gestaltung der Gesetze alle Meinungen und Wünsche unter einen Hut zu bringen, ist sicher eine große Herausforderung. Ich hoffe, dass der innovationsfreudige und mutige Ansatz für den beschleunigten Ausbau der advanced biofuels mit Erfolg gekrönt wird.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.