Die jährlich stattfindende Konferenz „Kraftstoff der Zukunft“ ist mit Sicherheit das wichtigste Biokraftstoff-Branchenbarometer in Deutschland, welches einmal im Jahr ein Messergebnis präsentiert. Der BBE und die UFOP haben in der vergangenen Woche bereits zum 10 Mal zur Veranstaltung eingeladen, um im Zuge der grünen Woche auf 4 Parallelforen über die Entwicklungen von Biodiesel, Bioethanol, Biomethan und Pflanzenöl zu informieren und zu diskutieren. Weitere Themenschwerpunkte an den zwei Veranstaltungstagen waren in diesem Januar der internationale Handel von Biokraftstoffen, neue Rohstoffquellen für die Herstellung (Algen, Abfälle, Bakterien etc.), sowie der Austausch von Erfahrungen mit der Nachhaltigkeitszertifizierung für flüssige Bioenergieträger. Der folgende kurze Konferenzbericht stellt einige interessante Aussagen und Stimmungen des Biokraftstoffkongresses vor.
Diskussion über die Pläne der EU-Kommission zur Änderung der Biokraftstoffziele
Auf BiomassMuse wurde bereits über den Vorschlag der EU-Abteilungen für Klimapolitik zur Anpassung der Biokraftstoffziele berichtet.
Dieser Vorschlag war natürlich auch ein Thema auf dem Biokraftstoff-Kongress im Berliner ICC.
In den Vorträgen und bei den Messegesprächen habe ich ganz unterschiedliche Reaktionen auf die Änderungspläne vernommen. Die Reaktionen von Branchen-Vertretern auf dem Biokraftstoffkongress waren zum überwiegenden Teil kritisch. Von der Branche werden vor allem die Vorschläge zur Deckelung der Quote für Biokraftstoffe der ersten Generation auf 5 Prozent zum großen Teil abgelehnt. So wurde es zumindest in zahlreichen von mir gehörten Vorträgen und Gesprächen zum Ausdruck gebracht.
Aber es gab auch freundlichere Stimmen zu den Vorschlägen der Kommission. Diese stammten zum überwiegenden Teil aus den Reihen der Hersteller von Biokraftstoffen der nächsten Generation. Eine doppelte oder gar vierfache Anrechnung von den neu auf den Markt drängenden Biokraftstoffen wollen aber selbst die Hersteller der Folgegeneration nicht. Und das, obwohl die nextgen Biokraftstoffe am meisten davon profitieren würden.
Natürlich haben das finnische Unternehmen Neste Oil (siehe Artikel über NextBtL) und die schweizerische Clariant (siehe Artikel über SunLiquid, Straubing) nichts gegen die Einführung eines CAPs für Biokraftstoffe der ersten Generation einzuwenden, möchten aber auch keine Übervorteilung in Form einer Doppelt- oder gar Vierfachanrechnung. Immerhin verdankt man den Unternehmen der ersten Generation die Schaffung dieses interessanten Marktes. Außerdem wissen die Neulinge im Biokraftstoffmarkt (Cellulose-Ethanol, BtL & Co) selbst noch nicht so genau, wie lange es noch dauert, bis man sie an den Tankstellen in ausreichenden Mengen finden wird. Bis dahin müssen die Biokraftstoffe der ersten Generation das gemeinsame Schiff auf Kurs halten.
Biokraftstoffe der ersten und zweiten Generation gehören zusammen und benötigen sich gegenseitig. Ohne Biokraftstoffe der ersten Generation gäbe es keine Vergangenheit und ohne die Kraftstoffe der nächsten Generation gibt es keine Zukunft für Biokraftstoffe allgemein! Zumindest nicht bei dem aktuellen Image von „Biosprit“ oder „Agrotreibstoffen“. Die Unternehmen der ersten Generation haben es leider nicht geschafft, die öffentliche Wahrnehmung von Biokraftstoffen so positiv zu entwickeln, dass über die zweite Generation gar nicht erst diskutiert wird.
BBE plant Bioenergie-Kampagne noch für 2013?!
Deshalb überraschte und freute mich vor allem die Mitteilung des Bundesverbands Bioenergie e.V., dass aktuell über die Durchführung einer bundesweiten Bioenergie-Kampagne nachgedacht wird. Ziel ist die Verbesserung der Wahrnehmung der Bioenergie. JUCHUH! Auf dem gesamten Kongress war das die Nachricht, die mich am meisten gefreut hat. Ich kann dem Verband zu dem geplanten Projekt nur gratulieren und wünsche viel Erfolg für die Durchführung! Außerdem bietet BiomassMuse gerne Unterstützung im Online-Bereich an.
Auf BiomassMuse gab es Anfang des vergangenen Jahres auch eine kleine Bioenergie-Kampagne, die in Form einer Artikelreihe über die zahlreichen Vorteile der gasförmigen, flüssigen und festen Bioenergie berichtet hat. Über die Potentiale und den Nutzen von Biokraftstoffen wird öffentlich kaum gesprochen und Tank-und/oder-Teller und Regenwaldabholzung für Agrotreibstoffe dominieren die Schlagzeilen. Hoffentlich wird sich dieses monotone Lied durch eine größere Bioenergie-Kampagne ändern.
Bundestagsabgeordnete der FDP bekennt sich deutlich zum Einsatz von Biokraftstoffen
Man mag zur FDP stehen, wie man möchte und die Zukunft der Partei nach der anstehenden Bundestagswahl bleibt weiterhin sehr ungewiss. ABER! Als Bioenergie-Enthusiast habe ich von der FDP-Vertreterin Dr. Christel Happach-Kassan erstmal wieder ein deutliches Bekenntnis zu Biokraftstoffen aus der Politik vernommen. Für soviel Mut verdient die Bundestagsabgeordnete in meinen Augen viel Respekt und ich würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere Volksvertreter von Ihrer Weitsicht anstecken lässt. Keine andere Bundestagsfraktion hat sich auf den von mir besuchten parlamentarischen Veranstaltungen der vergangenen 18 Monate so deutlich zu den flüssigen Bioenergieträgern bekannt. Dabei möchte ich allerdings nicht den Vorschlag von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) vergessen, der im Sommer vorgeschlagen hatte, das leicht erhöhte Biokraftstoffgemisch E10 vorübergehend auszusetzen. Die Partei scheint sich hier also noch nicht ganz einig zu sein, aber es gibt erfreuliche Ansätze.
Abgesehen von Die Linke hat es keine andere Bundestagsfraktion geschafft, überhaupt einen Vertreter zur Podiumsrunde auf dem wichtigsten Biokraftstoffkongress zu entsenden. Dabei waren Vertreter von allen Parteien eingeladen! Kein Ergebnis, dass Biokraftstoffe, als die Hoffnungsträger für die Energiewende und den Klimaschutz im Verkehrssektor verdient haben.
Ich möchte meine Freude über die Aussagen von Frau Happach-Kassan aber auch nicht als allgemeine Wahl-Empfehlung verstanden wissen, aber das ein/e Bundestagsabegordnete/r so deutlich für die Biokraftstoffe spricht, muss erwähnt werden.
Mehr zu Kraftstoffen der Zukunft in kommenden Artikeln
Für fachliche Einzelheiten von den Fachforen der Veranstaltung ist dieser Artikel zu allgemein. Die Veranstaltung „Kraftstoffe der Zukunft“ hallt aber erfahrungsgemäß lange nach und in den kommenden Monaten werden die Ideen und Konzepte des Kongresses immer wieder Thema auf BiomassMuse sein.
Den Kommentar hatte ich schon mal vor ein paar Tagen reingestellt … ist irgendwie abhanden gekommen??
Deshalb nun der 2. Versuch!
Schade, dass man erst im Nachhinein von solchen wichtigen Ereignissen hier in Berlin erfährt. Ich hätte sehr gern selbst daran teilgenommen – sei es nur um neue Interessenten für mein Projekt „Energie aus Algen“ zu gewinnen – siehe unter „Gäste“.
In diesem Zusammenhang – was macht eigentlich der „angedachte“ Algen-Stammtisch?
Grüsse aus Berlin
PSblnkd
Danke Herr Salomon für Ihren Kommentar.
Der Biokraftstoff-Kongress in Berlin ist tatsächlich immer eine sehr spannende Veranstaltung zur Bioenergie. Nächstes Jahr klappt es hoffentlich mit einem Besuch! Auf dem Blog gibt es die Seite Bioenergie Veranstaltungen, auf der einige Events rechtzeitig angekündigt werden. Allerdings passiert im Bereich Biogas, Biokraftstoffe und Holzenergie so viel, dass nicht alle Fachveranstaltungen rechtzeitig aufgenommen werden können.
Die Initiative zur Gründung eines Algen-Stammmtischs in Berlin finde ich sehr gut und ich weiß noch von Anderen Bioenergie-Akteuren, die am Aufbau eines solchen interessiert sind. Die Email-Adresse die beim Schreiben eines Kommentars eingegeben wird, ist nicht öffentlich einsehbar. Für einen direkten Kontakt ist es deshalb hilfreich, wenn eine Email-Adresse auch direkt im Kommentar-Text (Beispiel: ronkirchner[at]biomassmuse) erscheint.
Mit den besten Grüßen.