„In 1 Liter Erdöl steckt soviel Energie, wie 100 Menschen in 24 Stunden mit ihren Händen erarbeiten können!“ (Quelle: Home, Der Film)
Kein Wunder, dass unsere Gesellschaft nach einer so energetischen Ressource dürstet. In Deutschland verbrauchen wir pro Kopf etwa 4 Liter Erdöl am Tag. So als würde 24 Stunden am Tag eine unsichtbare Armada von 400 emsigen Arbeitern um uns schwirren, die uns mit ihren kraftvollen Diensten unterstützen. Erdöl gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Säulen auf denen unser Wirtschaftssystem steht. Die Einspeisung des dunkel und wertvoll dahin fließenden Schwarzen Goldes in unser Wirtschaftssystem hat unseren Planeten in den vergangenen 100 Jahren stärker verändert als die 200.000 Jahre Menschheitsgeschichte zuvor. Die schwer vorstellbaren Auswirkungen unserer erdölbasierten Wirtschaft werden im mehrfach ausgezeichneten Film „Home“ von Yann Arthus-Bertrand mit faszinierenden Filmaufnahmen verdeutlicht.
Tanzen zum Rhythmus der Erdölpumpen
Unser täglich Erdöl gib uns heute
Ich hoffe die Überschrift dieses Absatzes wird nicht gleich als Blasphemie von einem gottlosen Ossi gewertet. Sie soll auf etwas drastische Weise verdeutlichen, welche zentrale Rolle Erdöl in unserem täglichen Zusammenleben eingenommen hat. Und gottlos bin ich auch nicht. Erdöl ist der zentrale Treib- und Baustoff auf den wir uns seit Jahrzehnten immer stärker verlassen. Daran ist erstmal nichts verkehrt. Die kreative Nutzung einer so flexiblen Ressourcen ist eine große Stärke von uns Homo Sapiens, den Toolbuildern Nummer 1. Aber die erdölbasierte Wirtschaft bringt neben viel Licht auch Schatten und Abhängigkeiten mit sich. Das Problematischste an der beliebten Ressource ist, dass sie endlich ist und die globale Nachfrage nach Erdöl weiter steigt!
Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. (AGEB) hat erst vor einigen Tagen (5.8.2013) neue Zahlen zum Endenergieverbrauch in Deutschland veröffentlicht. Demnach ist der Mineralölverbrauch in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres um weitere 3 Prozent gestiegen. Zum großen Teil konjunkturell bedingt, aber immerhin ein Mehrverbrauch von etwa 100.000 Barrel (= 15.6 Millionen Litern) am Tag. Hier finden Sie eine Übersicht des globalen Erdölverbrauchs nach Staaten sortiert. Die erneuerbaren Energien steigerten ihren Anteil am Endenergieverbrauch immerhin um knapp 4 Prozent. Dabei wurde das weitere Wachstum der Erneuerbaren dieses Mal von der Wasserkraft und der Bioenergie angeführt.
Symptome welche einen ersten Befund unserer Erdölabhängigkeit erkennen lassen, werden im Artikel zur Ablösung von Erdöl durch Pflanzenöl ausgeführt und mit Fakten unterlegt.
BioÖkonomie als gemeinsame Vision zur Überwindung bestehender Krisen
Ein Ziel von Europa sollte zunehmend sein den gemeinsamen Entzug vom Erdöl zu bewältigen und auf eine neue Diät umzusteigen. Wenn uns das nicht gelingt, stehen die Chancen gut, dass wir in 20 Jahren deutlich mehr für unseren europäischen Lebensstil bezahlen ohne entsprechend mehr zu verdienen. Immerhin ist der Erdölpreis in den vergangenen 15 Jahren um das 10-fache angestiegen und einige Fachleute halten sogar schon einen mittelfristigen Preisanstieg auf 200 Dollar pro Barrel Erdöl für wahrscheinlich. Aktuell liegt der Preis für 156 Liter (= 1 Barrel) der Erdölsorte Brent bei 107 Dollar.
In gewisser Hinsicht ist Biomasse der Vorfahre des fossilen und endlichen Erdöls. Über Jahrmillion ist Erdöl unter dem Wirken geologischer Prozesse aus abgestorbener Biomasse entstanden (siehe Entstehung von Erdöl). Gleichzeitig kann Biomasse aber auch der wirtschaftliche Nachfahre der beliebten Ressource Erdöl werden: nachwachsend, regional verfügbar und biologisch abbaubar.
Das Setzen auf eine Biomasse-Diät als Erdöl-Alternative kann demnach nicht nur unseren Erdöl-Konflikt entschärfen; der Aufbau einer BioÖkonomie kann auch Wellen für die Bewältigung anderer Konflikte schlagen.
BioÖkonomie = Biomasse-Nutzung 2.0
Also, was bedeutet BioÖkonomie?
Der BioÖkonomieRat, eine Beratungsgremium der Bundesregierung, beschreibt den wachsenden Wirtschaftszweig wie folgt:
„Die Bioökonomie ist die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen.
Die Bioökonomie findet zur Zeit insbesondere Anwendung in der Land- und Forstwirtschaft, der Energiewirtschaft, der Fischerei- und Aquakultur, der Chemie und Pharmazie, der Nahrungsmittelindustrie, der Industriellen Biotechnologie, der Papier- und Textilindustrie sowie im Umweltschutz.
Mit ihren vielfältigen Möglichkeiten kann die Bioökonomie einen wichtigen Beitrag zur Lösung globaler Probleme leisten. Darunter fallen die Gesundheit und Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung, deren nachhaltige Versorgung mit Energie, Wasser und Rohstoffen sowie der Boden, Klima- und Umweltschutz.“
Die Informationsplattform des BMBF zur BioÖkonomie informiert ausführlich über die Grundlagen und Potentiale der BioÖkonomie.
Tanz um den Baum der BioÖkonomie
In der intelligenten (nachhaltigen!) Nutzung der wertvollen Ressource Biomasse sehen somit viele Fachleute vernünftige Ansätze zur Bewältigung bestehender Konflikte (Naturschutz, Klimaschutz, Demografie, Energiepreise etc.). Eine gemeinsame Vision vieler Biomasse-Akteure ist, dass eine biobasierten Kreislaufwirtschaft der notwendigen Energie- und Rohstoffwende einiges an Schub verleiht. Und da ich gerade beim Träumen bin: Für die Übernahme eines stärker regenerativ geprägten Wirtschaftssystems als Alternative zum fossil geprägten Szenario werden auch unsere Nachkommen mehr Freuden- als Trauertränen vergießen.
Auf BiomassMuse wird der Status Quo der BioÖkonomie in Deutschland (BioÖkonomie-Politik, BioÖkonomie-Forschung, Auswirkungen auf die Bioenergie usw.) in den kommenden Wochen tiefer unter die Lupe genommen.