Trägt der Energiepflanzenbau zum Boden- und Gewässerschutz bei?

Eutrophierung durch Energiepflanzenbau für Biogasanlage trotz Düngeverordnung und DüngegesetzMeinungen zu diesem Thema gehen weit auseinander und hängen stark davon ab, wen man dazu befragt. Da die Beantwortung dieser Frage wichtig für die Akzeptanz der Bioenergie ist und das Inkrafttreten von Gesetzestext-Novellen im Düngemittelbereich noch nicht lange zurückliegt, möchte ich dieses Thema heute etwas genauer beleuchten.

Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die Gewinnung von regenerativer Bioenergie ist nicht unumstritten und neben den vielen Vorteilen der energetischen Nutzung von Biomasse gibt es auch kritische Stimmen. Da sich auch die regenerativen Energiequellen der kritischen Begutachtung durch die Öffentlichkeit und der Umweltverbände stellen müssen, möchte ich heute das Thema Boden- und Gewässerschutz im Energiepflanzenbau betrachten.

Gegensätzliche Meinungen zu den Auswirkungen vom Energiepflanzenbau auf die Schutzgüter Boden und Wasser

Aufmerksam geworden bin ich auf das Thema durch eine Stellungnahme des Geschäftsführers des Biogasrat e.V., Reinhard Schultz, vor wenigen Tagen. Demnach geht die deutsche Wasserwirtschaft davon aus, dass durch den Anbau von Energiepflanzen die Grundwasserqualität negativ beeinflusst wird.

Diese „Behauptungen der deutschen Wasserwirtschaft zu den angeblichen Auswirkungen des Energiepflanzenbaus auf die Grundwasserqualität sind in weiten Teilen schlichtweg falsch und gehen an der landwirtschaftlichen Realität vorbei“ reagierte der Vertreter der industriellen Biogasnutzung mit deutlichen Worten auf diese Anklage der Branche, die auch er vertritt.

Es ist nicht unproblematisch die Argumentationskette einer Diskussion aufzugreifen, an der man nicht direkt beteiligt war. Da das Thema aber auch Potentiale für die Entwicklung der Bioenergie bereitstellt, habe ich zum Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln im Energiepflanzenbau etwas recherchiert.

Unterschied zwischen Nahrungs- und Energiepflanze

Gibt es überhaupt große verfahrenstechnische Unterschiede zwischen dem Anbau von Nahrungsmittel- und Energiepflanzen die eine unterschiedliche Umweltauswirkung zeigen? Aktuell ist es so, dass es zumindest bei der Auswahl der Ackerpflanzen noch keine großen Unterschiede, zwischen Pflanzen die für die Ernährung des Menschen oder für seine gesellschaftliche Energieversorgung verwendet werden, gibt. Dieser Umstand ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass die meisten Energielandwirte mit dem Anbau von Nahrungsmittelkulturen groß geworden sind und für die Bewirtschaftung dieser Kulturen ein umfassender Erfahrungsschatz vorliegt.

Pflanzen die für die Befriedigung beider Bedürfnisse verwendet werden, sind in Deutschland beispielsweise der Mais, Getreide, Zuckerrüben und teilweise auch der Raps. Gerade diese Auswahl an traditionellen Kulturpflanzen führte bei der Umnutzung als Energiepflanze nicht selten zur Tank-oder-Teller-Kritik.

In Zukunft wird es bei der Auswahl der Pflanzen sicher zunehmend Unterschiede geben und es werden ungenießbare Pflanzen mit hohem Zellulose-Gehalt das Spektrum der Energiepflanzen deutlich erweitern. Die flüssige Bioenergie für den Transportsektor ist auf einem engagierten Wege, sich mit Hilfe der Biokraftstoffe der nächsten Generation von der direkten Konkurrenz gegenüber der Nahrungsmittelproduktion loszureißen. Im Bereich der ausschließlichen Wärmeerzeugung mit Hilfe von Biomasse gibt es schon heute kaum Konkurrenz zwischen beiden Nutzungspfaden.

Für den Boden- und Gewässerschutz ist deshalb nicht so sehr die Auswahl der Pflanzenart, sondern vor allem die Nährstoffbilanz über den gesamten Nutzungskreislauf der Pflanze relevant. Eine wichtige Einflussmöglichkeit des Landwirts bildet an dieser Stelle der Einsatz von Makro- und Mikronährstoffen in Form von organischen oder mineralischen Düngemitteln.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für die Handhabung von Düngemitteln in Deutschland?

Inkrafttreten der Novelle zur Düngeverordnung zum 1. März 2011

Es gibt folgende Gesetzestexte, welche in Deutschland den Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft regeln:

  • Düngeverordnung/ DüV – letzte Änderung zum 1.März 2011
  • Düngegesetz/ DüG – letzte Änderung zum 15.Dezember 2010
  • Düngemittelverordnung/ DüMV (nicht zu verwechseln mit der DüV)

Die angegebenen Gesetze, bzw. Verordnungen, geben dabei vor allem vor, dass Düngemittel sowohl in Bezug auf die Menge, den Zeitraum und auch die verwendete Technologie entsprechend der „guten fachlichen Praxis“ ausgebracht werden müssen. Dadurch soll das Auswaschen von zu hohen Düngermengen ins Grundwasser oder benachbarte Oberflächengewässer minimal gehalten werden.

Mit Hilfe der Kategorisierung, Zulassung und Kennzeichnung von Düngemitteln kann der Nährstoffeintrag in Gewässer und die Möglichkeit ihrer Eutrophierung durch zu hohe Düngung reduziert werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Makronährstoffen Stickstoff und Phosphat, für deren Einsatz es teilweise umfassende Tabellenwerte gibt.

Außerdem werden der Einsatz von Wirtschaftsdünger aus tierischer Herkunft (z.B. Jauche, Gülle etc.) und der Umgang mit entstehenden Schadstoffen wie Ammoniak geregelt. Auch für die Bestimmung des jeweiligen Düngerbedarfs je Ackerfläche und Bewirtschaftungsart gibt es genaue Vorgaben, welche den Schutz der Böden und Gewässer zum Ziel haben.

So ist eine wichtige Änderung im Düngegesetz, welches das Düngemittelgesetz im Jahr 2009 abgelöst hat, dass die Bodenfruchtbarkeit ein wesentliches Ziel der Düngung sein und über die reine Pflanzenernährung hinausgehen muss.

Eine direkte Unterscheidung innerhalb der Gesetzestexte zwischen den Nutzungspfaden der Ernährung und Energieversorgung habe ich nicht gefunden. Die Veredelung zum jeweiligen Produkt geschieht in der Regel auch erst nach der Ernte, abseits des Schlags. Bis zur Ernte wächst der Silomais aber meines Wissens unabhängig von der folgenden Nutzung. Die Ansicht, dass der Energiepflanzenbau die Gewässerqualität negativ beeinflussen sollte, kann ich deshalb bisher noch nicht nachvollziehen. Es sei denn…

Absoluter gegenüber relativem Düngereinsatz für Energiepflanzen

Jede Ackerfläche die für die landwirtschaftliche Produktion von Biomasse verwendet und nicht rein ökologisch bewirtschaftet wird, führt natürlich zu einem notwendigen ABSOLUTEN Anstieg des Düngemitteleinsatzes auf der jeweiligen Fläche. Dabei ist es erst mal egal, ob Nahrungsmittel oder Energiepflanzen unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen angebaut werden sollen.

Absolut gesehen wird der Energiepflanzenanbau also mit Sicherheit genauso zu einer Zunahme des Düngemitteleinsatz führen, wie der Nahrungsmittelanbau auch. Das ist zumindest dann der Fall, wenn für diese Nutzung ein Grünlandumbruch oder, im ökologisch schlimmsten Fall, die Rodung eines Regenwaldes stattfindet.

Dieser Kritikpunkt wird also vermutlich auch nicht gemeint gewesen sein, da eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung mit Biomasseabtrag von der Fläche offensichtlich immer zu einem Anstieg des Düngebedarfs führt. An welcher Stelle setzt die Kritik der Wasserwirtschaft also genau an? Weiß jemand Näheres dazu? Da mir als Anhänger der Bioenergie ein neutraler Blick wahrscheinlich etwas schwerer fällt und Spekulationen wenig bringen, wäre es sehr hilfreich den genauen Kritikpunkt zu kennen.

Weitere Artikel rund um die Nachhaltigkeit von Bioenergie und Fragen zu ihrer Ökobilanz finden Sie hier.

Weitgehend geschlossene Nährstoffkreisläufe bei der Biogasproduktion

Abschließend noch einige Argumente von Reinhard Schultz, welche sogar für eine geringere Belastung der Ackerfläche durch den Anbau von Energiepflanzen sprechen und die in meinen Augen leicht nachvollziehbar sind:

  • Energiepflanzenbau für Biogasanlagen verringert den Bedarf an Mineraldünger, da die in der Pflanze gespeicherten Nährstoffe vom Vergärungsprozess weitgehend unberührt bleiben. Die zurückbleibenden und im Gärrest gespeicherten Nährstoffe können somit wieder direkt als organischer Dünger auf die Ackerflächen ausgebracht werden. Es entsteht ein, auch logistisch, weitgehend unproblematischer Kreislauf.
  • Der Bedarf an Pflanzenschutzmitteln für den Anbau von Energiepflanzen ist geringer als beim Anbau von Nahrungsmitteln. Ziel des Energiepflanzenbaus ist vor allem ein hohes Biomassewachstum pro Fläche und kein sortenreiner Bestand. Solange die Biomasse also technologisch geerntet werden kann, führt auch das Wachstum von „Unkräutern“ nicht zwangsweise zu einem Bedarf an Herbiziden.
  • Auch die Ergebnisse vorhandener Studien zeigen, dass die von ihnen betrachteten energetischen Nutzungspfade von Biomasse keinen höheren Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln aufweisen. Ganz im Gegenteil ist die Ökobilanz, bezüglich des Einsatzes solcher Hilfsstoffe, häufig sogar günstiger, als bei Nahrungsmitteln. Als Beispiel wird die Studie „Energiepflanzenbau für Biogasanlagen“ von Karpenstein-Machan und Weber aus dem Jahr 2010 angeführt.

Fazit zum Einsatz von Düngemitteln und Herbiziden im Energiepflanzenbau

Sollte es durch den Einsatz von Energiepflanzen zu einer, relativ gesehen, stärkeren Belastung von Boden oder Gewässern kommen, dann muss dieses Thema diskutiert werden, um Maßnahmen dagegen einzuleiten – im umgekehrten Fall kann der Wechsel zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzenanbau sogar zu Fruchtfolgen kombiniert werden, welche dem Boden- und Gewässerschutz nützen!

4 Kommentare zu „Trägt der Energiepflanzenbau zum Boden- und Gewässerschutz bei?“

  1. Hallo Ron,

    bin gerade erst über deinen Artikel gestoßen -gibts da schon was neues?

    Eine Sache hast du noch nicht dirket mit berücksichtigt:

    In den letzten Jahren hat sich Aufgrund des Bioenergie-booms in vielen Regionen die gesamte Anbaustatistik verschoben. So wird z.B. viel mehr Mais und Raps angebaut, da diese Pflanzen einfach gute Erträge für den Landwirt bringen. Nun haben verschiedene Pflanzenarten ja unterschiedliche Nährstoffbilanzen. Mais und Raps sind meines Wissens sehr stickstoffhungrig und deshalb wird hier (im Verhältnis zu anderen Ackerfrüchten) auch mehr Dünger auf das Feld gebracht. Dadurch ist z.B. bei Mais und Raps (im Vergleich zu vielen anderen Ackerfrüchten) auch das Auswaschungspotential höher.

    Man kann also sagen: durch die Nutzung von Ackerpflanzen zur Bioenergiegewinnung werden solche Ackerpflanzen gefördert, welche eine schlechte N-Bilanz haben. Nahrungspflanzen mit guter N-Bilanz werden verdrängt, weil sie unwirtschaftlicher sind. Auf einer konstant großen Ackerfläche kommt es so zu einem negativen Effekt bezüglich der Gewässerqualität. Wenn man von den „traditionellen“ Energiepflanzen Mais und Raps weg kommt, kann das natürlich schon wieder anders aus sehen. Bis jetzt ist es aber leider noch nicht so.

    LG

  2. Das ist prinzipiell bestimmt richtig, dass beim Anbau stickstoffhungrigerer Pflanzen wie Mais oder Raps auch potentiell mehr Stickstoffverbindungen ausgewachsen werden können. Als Bioenergie-Ethusiast würde ich daraus natürlich nicht vorschnell negative Schlüssel ziehen. Kritischer eingestellte Leser mögen mir verzeihen :-) Aber vielleicht ist das Riskio für Nitratbelastungen durch verstärkten Raps- und Maisanbau wirklich größer als bei anderen Ackerpflanzen. Dann müste man sich dafür etwas einfallen lassen!

    Umgekehrt wird die Nährstoffbilanz des Bodens durch den Anbau von Energieflanzen auch weniger belastet, weil ein Großteil der Nährstoffe in Form des Gärrests wieder auf den Acker gelangt. Der Nährstoffkreislauf ist also geschlossener als beim Anbau von Nahrungsmitteln. Durch Nährstoffe wird der Humusgehalt des Bodens erhöht, wodurch die Rückhaltefähigkeit des Bodens, auch für Nitratverbindungen, verbessert wird und die Auswachsung ins Grundwasser mittelfristig vielleicht sogar geringer ist. Es kommt also wie so oft auf den Blickpunkt an.

    Vielen Dank für deinen Kommentar! Und ich würde mir wünschen, dass kritische Aspekte zum Energiepflanzenbau viel häufiger mit deinem konstruktiven Ton angegangen werden :-)

    Interessante Vorträge zur Ökologie des Energiepflanzenanbaus wurden auch auf dem 3. Energiepflanzensymposium der FNR gehalten. Hier der Link zu den Energiepflanzen-Präsentationen, wobei vor allem am 2. Tag die ökologischen Aspekte in den Vordergrund gerückt sind.

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