E10 – Wie sieht es um den Newcomer unter den Kraftstoffen in Deutschland aus? Volle Hallen, beziehungsweise Tanks, füllt das im Vergleich zum vorherigen Super E5 leicht erhöhte Biokraftstoffgemisch aktuell noch nicht. Der etwas irreführende Rocksong der ersten Platte „Ruinier deinen Motor“ der E10-Combo schwinkt noch bei vielen von uns Autofahrern in den Hinterköpfen mit. Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) hat eine Umfrage in Auftrag gegeben, welche erfragen soll, wie weit die Erholung vom E10-Schock mittlerweile fortgeschritten ist und ob sich der Biokraftstoff-Blend E10 und die verschreckten Autofahrer schon näher gekommen sind. Hier die Ergebnisse der auf den Zahn fühlenden Umfrage und eine Grafik zum Vergleich der E10-Startphase mit der Markteinführung von bleifreiem Benzin 1985.
Der folgende Text ist eine Pressemitteilung des BDBe vom 18.06.2012.
Nach zehn Monaten hat TNS Infratest im Auftrag des BDBe eine bundesweite Befragung zur Nutzung der Kraftstoffsorte Super E10 und Wahrnehmung von Bioethanol wiederholt: Inzwischen hat ein Drittel der Haushalte mit einem Benzin-Pkw schon Super E10 getankt. Die Zurückhaltung der anderen Haushalte wird weiterhin zumeist mit technischen Bedenken begründet.
Zum Zeitpunkt der ersten repräsentativen Erhebung im Juli 2011 war Super E10 nur an rund der Hälfte aller 14.800 Tankstellen in Deutschland erhältlich. Bis dahin hatte ein Viertel der Personen, die über einen Benzin-Pkw verfügten, die neue Kraftstoffsorte schon getankt. Ein flächendeckendes Angebot bestand erst ab etwa Oktober 2011. Das Ergebnis der erneuten Umfrage zeigt, dass der Anteil von 24 auf 33 Prozent gestiegen ist. Dies entspricht einem Zuwachs um 37,5 Prozent.
Weiterhin regionale Unterschiede
Im Sommer 2011 hatte in den südlichen Bundesländern mehr als jeder Dritte und in den östlichen gut jeder Vierte bereits E10 getankt, im Westen und im Norden Deutschlands nur jeder Zehnte. Dies war auf die noch nicht flächendeckende Verfügbarkeit zurückzuführen, denn z.B. in Nordrhein-Westfalen wurde Super E10 erst nach den Sommerferien schrittweise eingeführt. Der Norden und Westen Deutschlands haben in den vergangenen zehn Monaten erst allmählich aufgeholt: Der Anteil der Nutzer stieg im Norden von 11 auf 26 Prozent und im Westen von 15 auf 35 Prozent. Spitzenreiter bleibt wie in 2011 der Süden Deutschlands mit einem Nutzeranteil von 38 Prozent.
Immer noch technische Bedenken
Zwei Drittel der im gesamten Bundesgebiet befragten Personen mit Benzin-Pkw gaben in der aktuellen Befragung an, noch kein Super E10 getankt zu haben. Wie im Juli 2011 begründen sieben von zehn dies mit technischen Bedenken und der Sorge um den Motor. Dies bedeutet, dass die im Internet veröffentlichten Aussagen der Autohersteller zur E10-Verträglichkeit durch die Deutsche Automobil Treuhand (DAT-Liste) die Autofahrer offensichtlich nicht erreichen.
Dietrich Klein, Geschäftsführer des BDBe, zieht daraus den Schluss, dass weitere Informationsmaßnahmen notwendig sind. „Wenn mindestens 90 Prozent der Pkw mit Benzinmotor in Deutschland für Super E10 geeignet sind und trotzdem zwei Drittel der Autofahrer daran zweifeln, ist die Aufgabe klar. Kommunikation über das Internet reicht nicht. Die Autofahrer müssen direkt informiert werden. Das muss an den Tankstellen, besonders aber in den Autowerkstätten passieren. Das ist Aufgabe der Autohersteller.“
Klein weist darauf hin, dass die Einführung von Super E10 besser läuft als seinerzeit die Einführung des bleifreien Benzins: „Bei E10 ist nach weniger als einem Jahr ein Marktanteil von gut 13 Prozent erreicht. Bleifreies Benzin hat nach zwei Jahren nur zehn Prozent Marktanteil gehabt und zehn Jahre gebraucht, um sich als Standardsorte zu etablieren.“
Einstellungen zu Klimafreundlichkeit und Preis
Für nahezu sechs von zehn Befragten, die über einen Benzin-Pkw verfügen, ist es wichtiger, dass ein Biokraftstoff klimafreundlich ist, als ein günstiger Preis. Die Antwort auf die Frage nach dem Grund für die Wahl von Super E10 zeigt jedoch, dass mehr als drei Viertel (78 Prozent), den Preisvorteil gegenüber Super (E5) nennen.
Nicht nur Haushalte mit Benzin-Pkw sehen weitere Vorteile
Bundesweit geht knapp die Hälfte der Befragten – unabhängig davon, ob ein Auto mit Benzin-Motor gefahren wird – davon aus, dass Produktion und Nutzung von Bioethanol die Abhängigkeit von Erdöl verringert.
40 Prozent sind der Meinung, dass Bioethanol aus heimischer Erzeugung zusätzliche Arbeitsplätze auf dem Land schafft.
36 Prozent der Bevölkerung stimmte der Aussage zu, dass Bioethanol zur Reduktion von Treibhausgasemissionen beiträgt und klimafreundlich ist.
Schlussfolgerung aus der Umfrage
Aus Sicht von Richard Hilmer, Geschäftsführer TNS Infratest Sozialforschung, ist die Aufklärung der Verbraucher über technische Aspekte auch acht Monate nach der flächendeckenden Einführung von E10 immer noch vordringlich, „um die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Verträglichkeit von Super E10 für das eigene Fahrzeug und technischen Bedenken abzubauen.“
Vergleich der E10-Einführung 2011 mit der Einführung vom bleifreiem Benzin 1985.
Abschließend eine Grafik welche die Startschwierigkeiten bei der Einführung von bleifreiem Benzin der Einführung von E10 gegenüberstellt.
Wenn ich mich recht an die Einführung des E10 erinnere, hab ich mich damals geärgert, dass ein Kraftstoff mit geringerem Energiegehalt zum gleichen Preis angeboten werden sollte. Da man entsprechend häufiger tanken muss, ist das natürlich gut für die Ölkonzerne und die Steuereinnahmen, aber ärgerlich für den Verbraucher. Auch wenn der Energiegehalt nur gerinfügig niedriger ist (ich glaube ca. 2% ?) – hier machts dann die Masse.
Wann kommt denn endlich der Algendiesel, verflixt? ;-)
Ein deutlicherer Preisvorteil von E10 als im Moment wäre ein tolles Argument das sicher auch mehr Autofahrer überzeugen würde den Biokraftstoff-Blend zu probieren. Leider ist der Preisvorteil wirklich verschwindend gering und wird durch den leicht geringeren Brennwert wahrscheinlich vollständig aufgehoben.
Beim Tanken von E85 sieht das schon ganz anders aus und man kann mit jedem getankten Liter 40 – 50 Cent sparen. Allerdings kann das eventuelle Wegfallen der Steuerbefreiung für Bioreinkraftstoffe auch hier für eine Verschlechterung der Marktsituation von Biokraftstoffen sorgen. Hoffentlich wird die Regierungskoalition noch in dieser Legislaturpriode aktiv und verlängert die Steuerbefreiung. Immerhin ist die „Wiederbelebung des Bioreinkraftstoffmarkts“ im Koaltionsvertrag sogar schriftlich festgehalten!
Und sobald sich die politischen Rahmenbedingungen für Biokrafstoffe etwas gebessert haben, stehen auch der Verwendung von Algendiesel viele Türen offen und erste Pilotprojekte können schnell umgesetzt werden :-) Gibt es denn ein (US-amerikanisches?) Unternehmen, welches bereits heute Biodiesel aus Algen in einer Demonstrationsanlage herstellt?
Hi Ron, es gibt schon Unternehmen die Algenkraftstoffe herstellen können. Nicht nur in den USA, sondern auch hier in Deutschland. Aktuell sind die Mengen in den USA allerdings höher, da die Unternehmen schon größere Anlagen (v.a. zur Zucht der Algen) vorweisen können. Faktisch sprechen wir aber von Mengen, die allerhöchstens zu Testzwecken eingesetzt werden können.
Die Technologie ist kein Hexenwerk, eine Wirtschaftlichkeit entlang der Wertschöpfungskette zu schaffen, das ist momentan das Problem… Neben einem marktgängigen Preis muss auch eine positive CO2-Bilanz die Sinnhaftigkeit des Algenkraftstoffs unterstreichen. Auch hier gibt es noch Optimierungsbedarf.
Danke für diese Einschätzung. Wie so oft liegt es also mal wieder an der Wirtschaftlichkeit. Schade, aber das ist der gewohnt harte Weg, den eine neue Technologie erstmal gehen muss. Materialeffizienz, Kosteneffizienz und Energieeffizienz – ohne dieses Effizienztrio hat eine neue Technologie heute keine Chance mehr.
Aber die Leidenschaft der Algenwissenschaftler und -ingenieure ist erfahrungsgemäß rießig und hält sich schon seit Jahrzehnten. In den nächsten 10 Jahren werden wir garantiert die ersten Großanlagen erleben!