Wettbewerb oder Zusammenarbeit im Bereich der Biomasse-Nutzung?

Im letzten Artikel wurde schon auf einen wichtigen fördernden Faktor für die Entwicklung der Biomasse-Branche und nachwachsenden Rohstoffe eingegangen. Dabei ist die Bedeutung von Fördergeldern hervorgehoben und eine Übersicht über bestehende Förderprogramme gegeben worden. Heute möchte ich die Bedeutung der fördernden und hemmenden Faktoren innerhalb der verschiedenen Biomasse-Branchen und an den Schnittstellen der Geschäftsfelder betrachten. Die hohe Bedeutung der Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen und die noch vorliegenden Potentiale innerhalb der Lieferkette sind wichtige Entwicklungsmöglichkeiten. Wie auf dem obigen Foto gezeigt,  lohnt der gemeinsame Blick in die Tiefen einer Biogasanlage, bzw. die gemeinsame Betrachtung der Biomasse-Märkte.

Um einen Überblick über die komplexen Marktverbindungen innerhalb die Biomasse-Branche zu bekommen, möchte ich im nächsten Artikel exemplarisch am Energieprodukt Biogas die Lieferkette aufzeigen, die für den Bezug von Strom und Wärme aus Biogas nötig ist. Die Produktionskette bis zur Energie aus Biogas ist dabei von zahlreichen Partnerschaften und Konkurrenzen geprägt (siehe Artikel über zahlreiche Hersteller von BHKWs).

Die Schnittstellen zwischen den beteiligten Unternehmen noch zu verbessern, gehört zu den förderlichsten Faktoren für eine Branche und ist auch der zentrale Ansatz eines jeden betrieblichen Qualitätsmanagementsystems.

Ebenso geeignet wäre auch ein Produkt aus dem Bereich der stofflichen Nutzung von Biomasse (Papierherstellung, Möbelherstellung, etc.) oder eines der weiteren energetischen Produkte (Biokraftstoff, Brennholz, etc.).

Vertikale Kooperation von Unternehmen (Liefernetze) im Biogasmarkt

Wie in den meisten Industriezweigen gibt es auch im Bereich der Biogasgewinnung und -nutzung eine diversifizierte Marktstruktur. Die vertikalen Märkte und die wandernden Produkte ergänzen sich und tragen zum Wohle aller beteiligten Unternehmen bei.

Auf Grund des Zustands der wirtschaftlichen Abhängigkeit untereinander entwickelt sich vergleichsweise natürlich ein kooperativer Umgang miteinander. Eine ausgeprägte Zusammenarbeit innerhalb der vertikalen Marktstruktur ist auf Grund der direkten „Lieferant-Kunde/Lieferant – Kunde“ Beziehung viel häufiger anzutreffen als bei horizontalen Marktteilnehmern, die parallel im Markt angeordnet sind und um die gleichen Kunden werben.

Die vertikalen Partnerschaften führen häufig zum Verschmelzen von Wertschöpfungsstufen und es gibt gerade im ingenieurtechnischen Bereich eine Tendenz zum Entwicklungsprinzip „Alles aus einer Hand“. Dabei werden mehrere Tätigkeitsfelder der Lieferkette, wie beispielsweise die Herstellung, die Planung und der Bau einer Biogasanlage durch ein Unternehmen ausgeübt.

Der Vorteil für das Unternehmen ist, dass die Schnittstellen besser betreut und durch das Auftreten von Synergien (z.B. gemeinsamer Informationspool) die Reibungsverluste reduziert werden können – nicht müssen (!) denn es gibt immer noch den „menschlicher Faktor“ im Unternehmen. Für den Kunden wird die Marktstruktur vereinfacht und er kann sich auf einen direkten Ansprechpartner konzentrieren.

Ein gutes Beispiel für ein Unternehmen, welches das Alles-aus-einer-Hand-Prinzip sehr erfolgreich ausübt, ist die WELtec Biopower GmbH. Deren Tochter NordMethan GmbH betreibt, bzw. realisiert aktuell große Biogasparks in Brandenburg (Barsikow) und Sachsen-Anhalt (Arneburg, Könnern).

Horizontale Konkurrenz und Partnerschaften innerhalb des Biogasmarkts

Im horizontalen Marktbereich geht es deutlich weniger kooperativ zu. Zwischen mehreren Anbietern für die Anlagentechnik einer Biogasanlage kommt die Konkurrenzsituation zur vollen Entfaltung. Die Nachfrage nach Rührwerken oder Fermentoren wird durch die Nachfrage nach Biogasanlagen limitiert.

An dieser Stelle trotz der Konkurrenzsituation zu einem Marktteilnehmer auch den Blick für die gemeinsamen Interessen zu bewahren und sich für die Erreichung günstiger politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen stark zu machen, halte ich für einen entscheidenden Punkt für den nachhaltigen Erfolg einer Technologie und ganzen Branche.

Wettbewerb ist im horizontalen Marktgeschehen Realität und die begrenzte Nachfrage nach einem Produkt/ einer Dienstleistung ist motivierend und kann die Innovationsgeschwindigkeit eines Marktes erhöhen. Das Vorliegen eines Marktoligopols oder -monopols kann hingegen leicht zur Ermüdung der Marktentwicklung und schlechten Konditionen für den Kunden führen.

Vorteile der unternehmerischen Zusammenarbeit im Biomasse Sektor

Vor allem im Bereich der horizontalen Marktteilnehmer kann die Zusammenarbeit noch entwickelt und offener werden. Optimistisch betrachtet können folgende Vorteile entstehen:

  • Erreichung größere Ziele auf einer strukturellen Ebene, z.B. Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Energieprodukten oder die Entwicklung günstiger  politischer Rahmenbedingungen
  • Verteilung des Risikos – jeder trägt bei aufwendigen und experimentellen Neuerungen ein kleineres Teilrisiko
  • Schnellerer Informationsfluß (Austausch) kann zum Anstieg der Innovationsgeschwindigkeit führen
  • Gemeinsam aus Fehlern des Einzelnen Lernen und dadurch Reibungsverluste durch Wiederholung des gleichen Fehlers bei horizontal angesiedelten Unternehmen verringern
  • Herausbilden von sozialen Kontakten zwischen Marktteilnehmern kann zu nachhaltigen Wirtschaftsnetzen führen und längerfristigen Erfolg einer Branche garantieren

Die genannten Vorteile basieren hauptsächlich auf der Idee der Schwarmintelligenz. Wer nicht so sehr von diesem Konzept überzeugt ist, wird an dieser Stelle wahrscheinlich etwas kritischer argumentieren.

Praktische Maßnahmen um die Zusammenarbeit im Biomasse-Sektor zu intensivieren

Es gibt sicher zahlreiche Möglichkeiten, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen im Bereich der Bioenergie und Biomaterialien noch zu verbessern. Besonders bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) kann eine Intensivierung des horizontalen und vertikalen Austauschs zu einer Stärkung der Marktposition beitragen und zu erfolgreichen Projektideen führen. Folgende Maßnahmen können intensiviert werden:

  • Starten von gemeinsamen Projekten für investitionsaufwendige Neuerungen im Bereich der Produkt-, Prozess- oder Dienstleistungsentwicklung
  • Durchführung eines regelmäßig stattfindenden Erfahrungsaustauschs mit anderen Marktteilnehmern
  • Teilnahme der Mitarbeitet in Online-Netzwerken (beispielsweise Xing.de), um sich kostengünstig, eigeninitiativ und mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand austauschen zu können. Grenzen für den Informationsaustausch sollten dabei firmenintern festgelegt werden.
  • Einführung eines Qualitätsmanagementsystems

Fazit zu den Potentialen einer engeren Zusammenarbeit in der Biomasse-Branche

Ein reger gemeinsamer und offener Austausch über die Probleme und Hemmnisse der Bioenergie-Branche ist ein Katalysator für die Entwicklung von Lösungen der ganzen Branche. Auch Konkurrenz kann natürlich bis zu einem gewissen Grad förderlich und motivierend sein, nützt aber nicht viel, wenn dann jeder für sich im Markt nicht bestehen kann und man durch andere Technologien gemeinsam verdrängt wird. Über das Potential der internationalen Partnerschaften wurde schon in einem früheren Artikel berichtet.

Transparenz und Zusammenarbeit kann in der Wirtschaft zur Abgabe eines Wettbewerbsvorteils und somit zur Gefährdung des Unternehmens führen. Sie kann aber auch ein sehr fördernder Faktor sein und das nicht nur aus haftungsrechtlichen Gründen, sondern auch auf Grund des dann zu erwartenden Feedbacks aus unterschiedlichen Richtungen und der Möglichkeit zur direkten Umwandlung der Erfahrungen in Innovationen.

Wie intensiv man mit Unternehmen der horizontalen Ebene zusammenarbeitet ist sicherlich eine schwierige Management-Entscheidung. Unabhängig davon, ob man seine Entscheidung auf Grund eines Gefühls oder auf Grund klarer Fakten trifft, sollte man über die Frage der Offenheit nachdenken. In jedem Fall empfiehlt es sich an dieser Stelle von Fall zu Fall eine strategische Entscheidung zu treffen und nicht pauschal alle horizontalen Marktteilnehmer über einen Kamm zu scheren.

Welche Erfahrungen habt ihr an dieser Stelle gemacht und welche weiteren fördernden und hemmenden Faktoren fallen euch ein?

Viel Erfolg und Spaß bei neuen Partnerschaften.

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