Supply-Chain-Management (SCM) im Bereich der Biomasse-Nutzung

Lieferkette für Produkte aus Biomasse wie Biogas Biokunststoff BiokraftstoffWie wird ein Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen erfolgreich? Das Nennen eines einzigen Parameters ist hier sicher schwer möglich. Vielmehr ist es wie bei anderen Produkten auch eine gute Mischung aus Einzigartigkeit, Qualität, Marketing, Preis und Timing, welche zum Markterfolg führt. Ein Punkt, welcher viele dieser Eigenschaften beeinflußt, ist das möglichst reibungsarme Funktionieren der Lieferkette als Ganze vom Anbau der Pflanze bis hin zum fertigen Produkt des Endkunden. Im letzten Artikel habe ich schon die Potentiale beschrieben, welche im Verhalten der Marktteilnehmer untereinander versteckt, auf den horizontalen und vertikalen Marktstufen vorliegen. Heute werde ich an einem konkreten Biomasse-Produkt einige Anregungen zur aktiven Nutzung der eigenen Rolle in der Lieferkette bieten.

Um eine praxisnahe Betrachtung an Hand eines Produkts durchzuspielen, habe ich mich für das Biogas als energetisches Produkt der Biomasse-Nutzung entschieden. Genauso geeignet wäre aber auch ein Beispiele aus dem Bereich der stofflichen Nutzung (Schmierstoff, Bauteil, Möbel, Textilien etc.) oder eines der weiteren energetischen Produkte (Biokraftstoff, Brennholz, etc.). Die Biogasbranche ist weit differenziert und bietet sich für das Beobachten einer Lieferkette oder Liefernetzes mit ihren zahlreichen Konkurrenzen und Partnerschaften an.

Als betriebswirtschaftliche Maßnahme vorgenommen, wird beim Lieferkettenmanagement auch von Supply-Chain-Management (SCM) gesprochen. Ein gut strukturiertes SCM sichert dabei die konstante Weiterentwicklung eines Produkts und kann zu seinem langfristigen Bestehen am Markt beitragen.

Im ersten Schritt sollte ein Unternehmen ein möglichst umfassendes Bild von der Lieferkette haben, in welche es integriert ist.

Lieferkette für die Produkte Biogas und Biomethan

In der Übersicht sind die wichtigsten Bestandteile der Lieferkette dargestellt, welche den Biogasmarkt auszeichnen. Die vereinfachte 8-stufige vertikale Marktstruktur mit ihren verschiedenen Teilbranchen kann gut nachvollzogen werden. Auch die horizontalen Marktteilnehmer sind am Beispiel der Biomasse-Lieferanten und Anlagenhersteller angedeutet.

Das gemeinsame Ziel aller in der obigen Grafik dargestellten Branchen und der sie auszeichnenden Unternehmen ist ein gesunder und wahrscheinlich auch wachsender Biogasmarkt sein. Alle beteiligten Unternehmen profizieren davon (Win-Win-Situation), wenn die wirtschaftlichen, politischen, technischen und ökologischen Rahmenbedingungen für Strom aus Biogas günstig sind oder sich sogar verbessern.

Im Folgenden eine etwas differenziertere Darstellung der einzelnen Branchen/ Ebenen des Biogasmarktes mit ausgewählten Beispielen:

1.       Forschungsinstitute für neue Technologien

  • Verfahrenstechnik (z.B. Uni Hohenheim, Fraunhofer UMSICHT)
  • Agrarwissenschaften (z.B. ATB, DBFZ)

2.       Lieferanten von Biomasse

  • Landwirte von Energiepflanzen
  • Lieferanten von organischen Abfällen oder Grünschnitt/ Landschaftspflegematerial

3.       Anlagenhersteller

Hersteller der verschiedenen Module einer Biogasanlage

  • Rührwerke (z.B. IsernHäger GmbH, Streisal Tauchmotor GmbH)
  • Fermentoren (Schwarz Apparate- und Behälterbau GmbH)
  • Aufbereitungstechnik (DGE GmbH, ETW Energietechnik GmbH)
  • MSR-Technik (TENIRS GmbH)
  • Verstromungstechnologien (2G Energietechnik GmbH, Viessmann GmbH)

4.       Technische Anlagenplaner und behördliche Planung (Genehmigungsplanung)

  • Behörden
  • Ingenieurbüros (IGEA mbH, ÖKOBiT GmbH, GfBU-Consult GmbH)
  • Gutachter für Immissionsprognosen

5.       Anlagenerbauer

  • Zusammenbau der Module zu einer BGA (EnviTec Biogas AG, Consentis Anlagenbau GmbH)
  • Regionale Baufirmen

6.       Anlagenbetreiber

  • Landwirte
  • Projekt-Investoren
  • Contracting-Partner und Energieunternehmen

7.       Gärrest-Verwerter

  • Verwendung als Wirtschaftsdünger
  • Tierfutter
  • Nutzung zur Pelletpressung

8.       Energieverbraucher

  • Endkunden von Strom
  • Endkunden von Wärme/ Kälte (siehe Artikel)

Jede Stufe ist von der vorherigen und nachfolgenden Stufe abhängig und verkauft bzw. bezieht ihre Produkte an diese Marktpartner.

Möglichkeiten des supply-chain-managements (SCM) für die Entwicklung der Biomasse-Märkte

Auf die verschiedenen Wechselwirkungen und Potentiale zwischen den sich ergebenen horizontalen und vertikalen Biomasse-Märkten bin ich im letzten Artikel näher eingegangen.

Die stärkere Integration einer umfassenden Lieferkettenbetrachtung kann der Biomasse-Branche zu weiteren Wachstumsphasen verhelfen. Es kann dazu beisteuern, dass innovative Ideen schneller und kostengünstiger in die Lieferkette getragen werden, das Vertrauen in eine Branche steigt und die Kontinuität beim Abwickeln der Projekte verbessert wird.

Wichtige Gründe für die Intensivierung eines Lieferkettenmanagements sind in folgenden Punkten zu sehen:

  • Frühzeitiges Informieren über Marktveränderungen und –möglichkeiten (Lieferengpässe, neue Verfahrenstechniken, Gesetzesänderungen)
  • Kostenminimierung durch die partnerschaftliche Entwicklungen
  • Risikoverteilung beim Einführen einer neuen Methode
  • Ganzheitliche, kontinuierliche Verbesserung des Endprodukts

Dies gilt besonders bei zunehmender Komplexität eines Erzeugnisses und dem Anstieg der an der Herstellung beteiligten Unternehmen. Einen guten Einstieg in die Schaffung eines systematischen Lieferantenmanagements auf der Ebene eines Betriebs kann die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (z.B. nach ISO 9001) sein. An dieser Stelle gibt es zahlreiche Methoden den Umgang mit Lieferanten zu verbessern.

Zwischen „Öko-Image“ und Marktwirtschaft – Konflikte für die Biomasse-Nutzung

Ein Produkt durchläuft verschiedene Phasen am Markt und auf eine wachsende Periode (Bullenmarkt) folgt in der Regel eine konsolidierende oder gar schrumpfende Periode (Bärenmarkt), um anschließend durch eine erneute Wachstumsphase abgelöst zu werden. Die Biomasse-Branche ist von diesen allgemeingültigen Marktentwicklungen natürlich nicht ausgenommen. Weniger strenggenommen gelten diese Wachstumsphasen nicht nur für die an der Börse plazierten Aktiengesellschaften, sondern auch für die Produkte von mittelständischen Unternehmen.

Die nicht selten idealistischen Motive für die Entwicklung eines ökologischen Produkts (zu denen z.B. Biogas oder Biokunststoffe gehören können) und die vergleichsweise kühlen Prinzipien der Marktwirtschaft sind nicht immer leicht in Einklang zu bringen. Besonders über einen längeren Zeitraum ist es schwierig ein ökologisches Produkt erfolgreich am Markt zu plazieren, ohne bei den Kunden der ersten Generation einen Verlust an Authentizität zu riskiren. Auch wenn die Nachhaltigkeits-Trias genau diese Verschmelzung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Sichtweisen anstrebt, verläuft die Umsetzung in der Praxis bei weitem nicht so harmonisch wie gewünscht.

An dieser Stelle ist noch viel Platz für neue Geschäftsideen und –philosophien. Die Intensivierung der Kommunikation zwischen welchen Marktstufen haltet ihr im Moment für besonders ausbaufähig und fruchtbar?

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