BBE und UFOP kritisieren Vorschläge der EU-Kommission zur Biokraftstoffpolitik

Die Reaktionen auf die Vorschläge zur Änderung der europäischen Biokraftstoffziele kommen nicht zur Ruhe. Vor allem die Hersteller von Biokraftstoffen der ersten Generation fürchten um ihre Investitionen, die sie im Vertrauen auf eine konstante Biokraftstoffpolitik aus Brüssel getätigt haben. Dafür kann die zweite Generation von Biodiesel, Bioethanol & Co mit den ambitionierten Zielen der EU-Kommission ganz gut leben. In einem der kommenden Artikel werde ich deshalb etwas näher auf verschiedenen Meinungen zu den Änderungsplänen eingehen. Als Einstieg in diesen schwierigen Generationenkonflikt zwischen der europäischen Biokraftstoffbranche und der EU-Kommission eine kürzlich veröffentlichte Verbandsmitteilung.

Eine Verbandsmitteilung vom Bundesverbands Bioenergie (BBE) und der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) vom 21.01.2013.

Die von den Kommissaren Oettinger und Hedegaard vorgelegten Vorschläge zur Biokraftstoffpolitik standen erwartungsgemäß im Mittelpunkt der Debatten anlässlich des Biokraftstoffkongresses in Berlin. Die Vorschläge zur Änderung der Erneuerbare Energien- und der Kraftstoffqualitätsrichtlinie boten mehr als ausreichend Substanz im Rahmen der Podiumsdiskussion mit Abgeordneten des Bundestages und der Biokraftstoffverbände. Die Vertreter der Regierungsfraktionen wurden an die Ankündigung im Koalitionsvertrag erinnert, den Reinkraftstoffmarkt wiederzubeleben. Im Ergebnis ist die Steuerbegünstigung für Biodiesel und Pflanzenölkraftstoff Ende 2012 aber ausgelaufen.

Der BBE und die UFOP haben am 21. und 22. Januar wieder die internationale Biokraftstoffbranche zum internationalen Fachkongress „Kraftstoffe der Zukunft“ in Berlin empfangen. Etwa 500 Teilnehmer aus über 20 Nationen sind der Einladung gefolgt, um über aktuelle Branchenentwicklungen zu diskutieren oder Erfahrungen mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards auszutauschen. Wiederholt im Mittelpunkt der Vorträge standen die Vorschläge der EU-Kommission zur Biokraftstoffpolitik und deren Konsequenzen.

In seinem Grußwort erläuterte der neue Vorsitzende der UFOP, Wolfgang Vogel, sogleich die wesentlichen Kritikpunkte an den Kommissionsvorschlägen. Er richtete aber auch kritische Worte an die Biokraftstoffbranche, die ihre öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten zur Imageverbesserung von Biokraftstoffen erheblich intensivieren müsse.

Grafik mit Hand und europäischer Flagge

Vogel stellte klar, dass die Einführung eines Deckels in Höhe von 5% und dessen Befristung bis 2020 kategorisch abgelehnt werde. Der Einstieg in die Energiewende im Transportsektor sei nur mit Biokraftstoffen der ersten Generation möglich. Hierauf aufbauend müssten neue Konzepte für die Biomassenutzung für die Biokraftstoffproduktion entwickelt werden. Schließlich müsse der Markt entscheiden, welche Generation sich langfristig durchsetze. Aus Sicht der Landwirtschaft entkräftete der UFOP-Vorsitzende die von Nichtregierungsorganisationen medienwirksam angetriebene Tank/Teller Diskussion. Tank und Teller seien möglich, betonte Vogel. Denn mit einem Rapsanbau von einer Million Hektar alleine in Deutschland für den Biodieselmarkt würden gleichzeitig über zwei Millionen Tonnen Rapsschrot produziert, die wiederum den entsprechenden Sojaimport (BiomassMuse: siehe auch Biodiesel-Importe aus Südamerika) ersetzen.

Diese Rapsschrotmenge entspreche einer Million Hektar Sojaanbau, die für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden könnte. Vogel mahnte deshalb erheblichen Nachbesserungsbedarf in der EU-Richtlinie an. Die Nebenprodukte, die als Eiweißfuttermittel anfallen, müssten endlich sachgerecht bewertet werden. Dann würde nicht nur die Treibhausgasbilanz verbessert. Auch die Frage der indirekten Landnutzungsänderungen müsste neu bewertet werden. In diesem Sinne solle auch die Biokraftstoffbranche den Vorschlag der Kommission aufnehmen und ihren Beitrag leisten, die wissenschaftliche Grundlage zur Bemessung von iLUC-Effekten zu verbessern, forderte der UFOP-Vorsitzende. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Faktoren würden andernfalls das Aus für Biodiesel und der gesamten Branche in Europa bedeuten, sollten diese tatsächlich als zusätzlicher CO2-Aufschlag den Marktzugang mitbestimmen. Vogel mahnte an, dass aber diese Diskussion dem Urwald (siehe Palmöl) nicht nütze, sondern die EU-Kommission unverzüglich im Wege bilateraler verbindlicher Abkommen den Schutz dieser Biotope sichern müsse.

Ob dies jedoch auch geschehen würde, ist nach Ansicht des BBE-Vorsitzenden Helmut Lamp fraglich und bekräftigte ebenso für den BBE die Kritik an der EU-Kommission: “Die von der EU-Kommission beabsichtigte Kehrtwende wird das Vertrauen der Wirtschaft in die Investitionen im Bioenergiesektor durch die Kurzlebigkeit der politischen Entscheidungen vollends zerstören. Neue Investitionen in emissionsärmere Biokraftstoffe werden so nicht angelockt, sondern abgeschreckt. Eine Energiewende, zu der auch zweifelsfrei der Umstieg auf eine nachhaltige Mobilität zählt, gelingt so nicht!“

BBE und UFOP erneuerten ihre Kritik an den Vorschlägen der EU-Kommission für Biokraftstoffe, hergestellt aus Abfall und Reststoffen, für die eine zwei- bzw. vierfache Anrechnung auf die Zielerfüllung im Jahr 2020 vorgesehen sei. Die hierdurch ausgelöste Anreizwirkung werde zu erheblichen Marktverwerfungen bei den Rohstoffströmen und einen Investitionsanreiz eben nicht in Deutschland oder in Europa auslösen, sondern dort, wo die Flächen- und Reststoffverfügbarkeit erheblich größer ist. Argentinien und Brasilien seien die Profiteure dieser „Faktorpolitik“. Ein weiterer Gewinner sei die Mineralölindustrie, betonten die Verbände. Denn die EU-Kommission rechne sich die Zielerreichung mit den Faktoren schön, so dass diese virtuellen Biokraftstoffmengen schließlich durch fossilen Kraftstoff ausgeglichen werden müssten. Verlierer sei dagegen der Klima- und Ressourcenschutz, bekräftigten die Verbände.

 

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