Die Planung für den Umbau eines Kohlekraftwerks der Vattenfall Europe AG in Berlin zu einem der aktuell größten Biomasseheizkraftwerke (BMHKW) Europas läuft auch Hochtouren. Ich habe einige Recherchen zum geplanten Projekt betrieben und die Ergebnisse im heutigen Artikel zusammengefaßt.
Planung und Bau des Biomasseheizkraftwerks in Berlin-Lichtenberg
Im Moment befindet sich das Projekt im Berliner Bezirk Lichtenberg in der Phase der Bebauungsplanung, an welche sich 2011 die Anhörung der Öffentlichkeit anschließen soll, um im günstigsten Fall im Jahr 2012 das Genehmigungsverfahren abschließen zu können. In den folgenden 3 – 4 Jahren würde dann der Bau des BMHKW-Komplexes stattfinden. Komplex deshalb, weil die geplante Anlage aus 3 Teilanlagen bestehen wird, welche die Flexibilität beim Betrieb verbessern soll.
Leistung und Inputmaterialien für das Klingenberg Kraftwerk
Das bestehende Braunkohle- und Erdgaskraftwerk Klingenberg soll beim Umbau durch zwei identische Biomasseheizkraftwerks-Module und ein Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk (GuD) ersetzt werden. Die Verbrennung der Biomasse findet in Kraft-Wärme-Kopplung statt, so dass die zwei BMHKW folgende Leistungen mit einem hohen energetischen Wirkungsgrad liefern können.
- 2 x 20 MW elektrische Leistung
- 2 x 72 MW thermische Leistung
Um die ehemalige Leistung des Kohlekraftwerks von 190 MW elek. und 590 MW therm. ersetzen zu können, wird der Betrieb des GuD Kraftwerks mit Erdgas die verbleibende Differenz übernehmen.
Als Brennstoff für die Biomasse-Module ist eine Mischung aus Hackschnitzeln, Waldrestholz, Landschaftspflegematerial und Holz aus Kurzumtriebsplantagen geplant. Um die Ökobilanz für die bioenergetische Anlage möglichst positiv zu gestalten und die CO2 Einsparpotentiale voll auszuschöpfen, ist das Einzugsgebiet für das Brennholz auf einen Umkreis von 50 – 75 km zum Kraftwerk angesetzt worden.
Wie die nachhaltige Holzversorgung aus diesem Einzugsgebiet möglich sein soll, fällt mir noch schwer vorzustellen, aber die Planung findet statt und mit guten Konzepten ist es vielleicht möglich. Der gewählte Standort bietet jedenfalls viele infrastrukturelle Vorteile, da die Versorgung mit Holz sowohl mit der Bahn, dem Schiff oder per Lastwagen erfolgen kann.
Vattenfall selbst hat eine informative Plattform zum BMHKW Klingenberg bereitgestellt, welche sie mit diesem Link erreichen. Auf der Seite gibt es unter der Rubrik „Wissenswertes“ auch eine Animation, die einen ersten Überblick über die geplante Kombination von GuD und BMHKW zeigt.
Fazit zum Biomasseheizkraftwerk Klingenberg in Berlin
Wie bei den meisten großen Industrieanlagen, zu denen Kraftwerke sicherlich als die Nummer Eins zu zählen sind, ist auch dieses Projekt bei den Anwohnern nicht unumstritten und es bleibt abzuwarten, welche Widerstände sich in den nächsten 2 Jahren bilden werden.
Ich wohne im Einzugsgebiet des Kraftwerks und werde über Fernwärmeleitungen mit der in Klingenberg gewonnen Wärme versorgt. Mich freut die Planung zu einer modernen, cleveren und in meinen Augen auch mutigen bioenergetischen Anlage in Berlin und sie zeigt, dass auch bei Anlagen dieser Größe nicht ausschließlich auf fossile Energieträger wie Kohle, Gas und Öl gesetzt werden muss.
Bisher wurden bioenergetische Anlagen vor allem für kleinere Leistungen und dezentral gebaut (worin ich auch weiterhin ihre größte Stärke sehe), aber die Errichtung von größeren Anlagen innerhalb von Großstädten halte ich dank der sinnvollen Möglichkeit zur Kraft-Wärme-Kopplung (genügend Wärmeabnehmer!) für sehr umweltfreundlich.
Ein schönes Beispiel für den Einsatz von Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplung in einem Berliner Kraftwerk ist in einem Artikel zum Umbau des Fernheizwerks Märkisches Viertel beschrieben. Mit dem Umbau wurde am 23.08.2011 begonnen (nachträglich eingefügt am 26.08.2011).
Natürlich gibt es auch kritische Punkte, die ich vor allem in der Einhaltung eines kleinen Einzugsgebiets für das Holz und in der Reinigung der entstehenden Abgase sehe. Ob die gewählten Verfahrenstechniken für die Aufbereitung der Abgase dem ökologisch und gesundheitlich Besten entsprechen, was aktuell zu bauen ist, kann am ehesten ein Verfahrens- oder Umwelttechniker beantworten der tief in die Materie eingearbeitet ist. Es ist aber zu erwarten, dass durch mehrere Gutachten und dem Druck der Anwohner die nach aktuellem Stand bestmöglichen Technologien installiert werden.
Einen Artikel zu einem vor kurzem von RWE Innogy in Großbritannien geplanten Biomasseheizkraftwerk finden sie hier.