Dieser Artikel ist ein Auszug aus der März-Ausgabe der Energiefacetten mit dem Thema „traditionell zukunftsorientiert“.
Die ersten Kohlekraftwerke wurden in den 1880iger Jahren in den USA gebaut. Das wahrscheinlich erste kleine Kohlekraftwerk wurde sogar von dem Erfinder der Glühbirne, Thomas Alva Edison, im Jahr 1882 in New York in Betrieb genommen. Die Pionierzeit der fossilen Kraftwerke fand somit erst vor 130 Jahren statt. Das erste Atomkraftwerk ging 1954 in Russland ans Netz und liegt sogar erst 60 Jahre zurück. Es fällt mir schwer, bei diesen Zeithorizonten von einer fossil geprägten „traditionellen Energieversorgung“ zu sprechen. Wenn ich noch weiter als bis 1880 in der Zeit zurückgehe, stelle ich fest, dass sowohl die Vergangenheit und wahrscheinlich auch die Moderne der Energieversorgung durch die Nutzung von erneuerbaren Energien geprägt wird. Über die tatsächliche Zukunft unserer Energiewirtschaft entscheiden wir gerade in vielen Detailfragen zur Energiewende.
Das Image der Energiewende ist gefährdet
Mit der Energiewende verbinden wir vor allem den erhöhten Einsatz von erneuerbaren Energieträgern. In der Praxis zeigt sich das durch die Inbetriebnahme von tausenden Anlagen zur Gewinnung der Bio-, Sonnen- und Windenergie. Aktuell verbinden viele Bürger bei der hitzigen Diskussion außerdem den Anstieg des Strompreises direkt mit der Energiewende. Deshalb wird vor allem über die Höhe von Einspeisevergütungen (Strombereich) und die Anpassung von Quoten (Kraftstoffbereich) debattiert. Schade, aber irgendwie leuchtet mir das auch ein. Immerhin ist der Bau neuer EE-Anlagen direkt sichtbar und der Strompreis kann sehr kurzfristig an der Strombörse EEX in Leipzig beobachtet werden. Und auf das was sichtbar ist und einem missfällt, sollte eine Gesellschaft reagieren!
Auf der anderen Seite vergessen wir allzuleicht, dass sich viele Vorteile der erneuerbaren Energien vor allem mittel- oder sogar erst langfristig entfalten. Aber wenn die Vorteile einer Technologie erst in der Zukunft spürbar/ messbar sind, ist das ein großer Nachteil für die Vermarktung und den Einsatz dieser Technologie. Denn die Ergebnisbarometer von Politik (Wahlen) und Wirtschaft (Jahresabschlüsse) verlangen deutlich schnellere Erfolge. Eine wichtige Ursache für das aktuelle Imageproblem der Energiewende ist, dass ihre Nachteile schnell erfasst werden können und durch solide Lobbyarbeit auch sehr präsent in den Medien sind. Demgegenüber sind die Vorteile der Energiewende für die Allgemeinheit eher unsichtbar.
Langfristige Vorteile sichtbar und ökonomisch messbar machen
Das Dilemma in dem sich die Energiewende aktuell befindet, ist sehr komplex und zahlreiche Institute und Gremien arbeiten an der Lösung des zunehmenden Imageproblems.
Viele Energieverbraucher verstehen ganz intuitiv, dass ein Umstieg auf die erneuerbaren Energieträger richtig und notwendig ist. Die Nachfrage nach Energie steigt im globalen Maßstab schnell an und die fossilen Energieträger bleiben, trotz neuer Funde (Ölsande, Schiefergas), endlich!
Um die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende trotz der angsteinflösenden Gespenster um Kostenexplosion und Stromlücke aufrecht zu erhalten, ist eine Schärfung des Bewusstseins für die langfristigen Vorteile der Energiewende nötig. Aber wie macht man die weitgehend unsichtbaren Vorteile in der Zukunft für den heutigen Energieverbraucher sichtbar?
Der bekannteste Ansatz ist die Einführung eines Emissionshandels. Auf diesem Wege sollen mit Hilfe eines professionalisierten Kohlenstoffdioxid-Handels einige externe Kosten der fossilen Energieträger (Klimawandel) stärker berücksichtigt werden. Mit einem funktionierenden System würden die externen Kosten von Kohle und Erdöl direkt auf der Stromrechnung von uns Energieverbrauchern sichtbar/ spürbar sein. Aber der große Durchbruch des EU-Emissionshandels (Emission Trading Scheme – ETS) steht bisher noch aus.
Welche Ansätze zum Ausbau der gesellschaftlichen Akzeptanz für die Energiwende gibt es noch?
Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Bevölkerung nicht nur an den Kosten der Energiewende beteiligt wird, sondern auch ihre Vorteile unmittelbarer zu spüren bekommt. Eine interessante Idee wäre beispielsweise ein staatlicher Bonus (z.B. über Steuervorteile) für die Haushalte, die sich für einen höheren Anteil von Ökostrom und Ökosgas entscheiden. Auch die stärkere finanzielle Unterstützung von Gemeinden (Bioenergiedörfer etc.), die sich stark für die Energiewende einsetzen ist denkbar.
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