Direktvermarktung, Marktprämie und Flexibilitätsprämie bieten Chancen für Biogasanlagen

Die EEG Novelle 2012 bietet aus der Perspektive der Bioenergie in Deutschland Ansätze für Kritik, aber auch Chancen für die Weiterentwicklung der Biogasbranche. Die  Potentiale der EEG Novelle 2012 liegen vor allem in einer Stärkung des Profils der Biogasbranche, innerhalb des entstehenden Erneuerbaren-Energien-Mix, als Regel- und Wärmeenergie und dem Versuch zur Beschleunigung ihrer Marktintegration. Zwei Prämien, beziehungsweise Vergütungsprinzipien sind hinzugekommen und bieten neue Möglichkeiten für den wirtschaftlichen Betrieb einer Biogasanlage. Die Rede ist von der Flexibilitätsprämie und der Marktprämie. Was bedeuten beide Prämien für Biogasanlagenbetreiber und die Biogasbranche allgemein?

Die wichtigsten Änderungen der Markt- und Flexibilitätsprämie sollen vereinfacht in diesem Artikel vorgestellt werden. Für ein tieferes und detailliertes Verständnis über die Auswirkungen auf bestehende Biogasanlagen wird die Lektüre der entsprechenden Abschnitte im EEG 2012 (im Artikel angegeben) aber dringend empfohlen.

Förderung der Direktvermarktung für Biogasanlagen

Die Direktvermarktung steht der klassischen Einspeisevergütung nach § 16 des EEG gegenüber und existierte auch schon im EEG 2009. Vereinfacht gesagt ermöglicht die Direktvermarktung jedem Biogasanlagenbetreiber den eigenständigen Verkauf des von ihm produzierten Stroms an Verbraucher/Dritte.

Die neu eingeführten Markt- und Flexibilitätsprämien sind in beiden Fällen an das Verfahren der Direktvermarktung gebunden und benötigt diese als rechtliche Grundlage. Deshalb kann die EEG Novelle 2012 auch als Förderung der Direktvermarktung im Bereich der Erneuerbaren Energien und speziell innerhalb der Bioenergie-Branche betrachtet werden. Die Eigenverantwortung des Anlagenbetreibers, sich mit dem Vertrieb des erzeugten Energieprodukts zu beschäftigen, wird dadurch erhöht. Diese Belastung, die auf Anlagenbetreiber zusätzliche zu den alltäglichen verfahrenstechnischen Problemen hinzukommt, wird verständlicherweise nicht nur positiv und als Chance aufgenommen.

Das Verständnis für den Umgang mit der Direktvermarktung, Marktprämie und Flexibilitätsprämie in der Biogasbranche wird erst durch konkrete Fälle ab 2012 geschärft und mit Leben erfüllt werden.

Wechsel von dem Vergütungsmodell in die Direktvermarktung

Grundlagen (§ 33a), Formen (§ 33b) und Pflichten (§ 33c) der Direktvermarktung werden in Abschnitt 3a der aktualisierten Fassung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2012 beschrieben.

Da sowohl die Flexibilitätsprämie, als auch die Marktprämie an die Direktvermarktung gebunden sind, stellt sich für Anlagenbetreiber die Frage nach den Möglichkeiten und Vorteilen eines Wechsels in die Direktvermarktung aus dem bisherigen Vergütungsmodell heraus.

Der Wechseln von dem EEG-Vergütungsmodell nach § 16 in die verschiedenen Formen der Direktvermarktung nach § 33a/b oder auch wieder zurück, ist jeweils zum 1. eines neuen Monats möglich. Die verschiedenen Pflichten für die Anwendung der Direktvermarktung, wie beispielsweise technische Messverfahren und die anschließende Bilanzierung müssen vor einem Wechsel gesichert sein.

Eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung der Direktvermarktung ist außerdem, dass sie nur für Strommengen gilt, die nicht an Dritte in unmittelbarer Nähe zur Biogasanlage verkauft und durch ein Netz geleitet werden.

Was ist die Marktprämie für Biogasanlagen und welche Vorteile bietet sie?

Erneuerbare Energien werden in Deutschland mit Hilfe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefördert, um so ihren Marktzugang zu der bisher von den fossilen Energieträgern dominierten Energieversorgung (Strom, Wärme, Kraftstoffe) zu unterstützen.

Hier eine Übersicht über die Herkunftsquellen der Stromproduktion/ des Stromverbrauchs in Deutschland aus dem Jahr 2010. Erst vor wenigen Tagen wurden vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDWE) die Halbjahreszahlen für 2011 veröffentlicht, in denen der Anteil der Erneuerbaren sogar auf über 20% gestiegen ist.

Bioenergie in Deutschland 2010 Marktprämie Direktvermarktung
Für die langfristige und sich eigenständig tragende Integration der regenerativen Energien in den Energiemarkt müssen diese jedoch auch unter wirtschaftlichen Aspekten mit den fossilen Energieträgern konkurrieren können und sich im freien Stromhandel bewähren. Hier setzt die Marktprämie an, die ab 2012 auch für die Bioenergie gelten wird.

In § 33g des EEG 2012 werden die theoretischen Grundlagen der Marktprämie behandelt. Die Berechnung und Höhe der Marktprämie wird in Anlage 4 zum EEG 2012 vorgestellt.

Vereinfacht gesagt, ergibt sich die Höhe der Marktprämie aus der Einspeisepauschale, die für die verkaufte Menge Bioenergie im Vergütungssystem nach § 16 (für Biomasse speziell § 27) erhalten worden wäre. Ist diese Einspeisepauschale höher als die Einnahmen die bei der direkten Vermarktung erzielt werden, dann wird der Differenzbetrag als Marktprämie ausgezahlt.

Welchen Vorteil bietet dann die Marktprämie für Biogasanlagenbetreiber?

Zuerst einmal ist die Direktvermarktung (inklusive der Marktprämie) für Biogas-/ Bioenergieanlagen mit einer Leistung > 750 kW ab dem Jahr 2014 verbindlich und die Frage nach den Vorteilen bei einem freiwilligen Wechsel stellt sich für diese Anlagen nicht unbedingt.

ABER es besteht auch die Chance für einen direkten wirtschaftlichen Gewinn für Biogasanlagenbetreiber durch den Wechsel in die Direktvermarktung. Da in die Berechnung der Marktprämie auch ein energieträgerspezifischer „Referenzmarktwert“ einfließt, der wiederum durch die variierenden Monatsmittelwerte der Stundenkontrakte am Spotmarkt der Strombörse in Leipzig beeinflusst wird, können bei der Direktvermarktung auch Verkaufserlöse entstehen, die höher sind, als bei dem Modell der Einspeisevergütung.

Ein gutes Fallbeispiel in einem Kommentar wäre eine sehr nützliche und willkommene Ergänzung!

Weitere Anregungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage finden Sie in diesem Artikel.

Ob die Marktprämie tatsächlich zur Beschleunigung der Marktintegration der Bioenergie beiträgt, wird vom Bundesverband Bioenergie (BBE) sehr kritisch gesehen. Den Versuch zur Marktintegration der Erneuerbaren Energien mit Hilfe von Marktprämien-Modellen gibt es jedenfalls schon in anderen europäischen Ländern (z.B. Spanien), von deren Erfahrungen wir in Deutschland lernen können.

Was ist die Flexibilitätsprämie und welche Vorteile bietet sie?

Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen wird abhängig von der Wind- und Sonnenlage sehr fluktuierend erzeugt. Aus dieser stark schwankenden Situation resultieren Probleme bei der Zusammenführung von Produktion und Verbrauch des elektrischen Stroms. Hier setzt die Flexibilitätsprämie des EEG 2012 für die Biogasbranche an.

Die gasförmige Bioenergie ist speicherbar und kann somit den Erneuerbaren-Energien-Mix puffern. Diese Funktion als Regelenergie kann das Profil der Bioenergie schärfen und in den kommenden Jahren zu ihrer Weiterentwicklung beitragen.

Die theoretischen Grundlagen der Flexibilitätsprämie werden in § 33i und ihre Berechnung in Anlage 5 des EEG 2012 erläutert.

Mit Hilfe der Flexibilitätsprämie kann sich der Anlagenbetreiber die Erhöhung der Leistung seiner Bioenergieanlage fördern lassen. Dabei soll die Biogasanlage nach der Leistungserhöhung aber nicht pauschal mit dieser höheren Leistung betrieben, sondern ausschließlich bei Spitzen im Stromverbrauch auf Abruf hinzugeschaltet werden. Die erweiterte Anlage darf im Monatsmittel die schon im Genehmigungsbescheid festgehaltene Anlagenleistung nicht überschreiten!

Genau wie die Marktprämie ist auch die Flexibilitätsprämie an die Direktvermarktung des Stroms gebunden. Der Wechsel in die Direktvermarktung ermöglicht auch Bestandsanlagen den Erhalt der Flexibilitätsprämie.

Der Betrieb der Biogasanlage soll also stärker am Strommarkt orientiert werden und vor allem in den Momenten Strom produzieren, in denen die Nachfrage besonders hoch ist. In gewisser Hinsicht entspricht dieses Produktionsverhalten der Flexibilität und Stärke von Erdgaskraftwerke.

Für die Erweiterung seiner Anlage erhält der Anlagenbetreiber einen jährlichen Betrag (etwa 130 €) für jede zusätzlich installierte Kilowatt-Leistung. Die Zahlung der Flexibilitätsprämie ist gesetzlich für 10 Jahre gesichert.

Die Kopplung der Flexibilitätsprämie an die Direktvermarktung wurde vom Fachverband Biogas kritisiert. Bastian Olzem, Referatsleiter Politik beim Fachverband befürchtet, dass die Annahme der Flexibilitätsprämie unter dem damit verbundenen notwendigen Wechsel in die Direktvermarktung leiden wird.

Fazit zur Markt- und Flexibilitätsprämie für die Biogasbranche

In wie fern dieser komplex anmutende Stromhandel von den Betreibern von Biogasanlagen angenommen wird, müssen die nächsten Jahre zeigen. In der Theorie hört sich die bedarfsgerechte Produktion von Regelenergie mit Hilfe der Flexibilitäts- und Marktprämie jedenfalls sehr sinnvoll an. Dank der Vereinfachung des Bonisystems des EEG 2009 und der Einführung von wenigen Einsatz-Vergütungsklassen (siehe Artikel Vergütungssystem EEG 2011) wird das novellierte EEG nach einer ersten Umgewöhnungs-Phase hoffentlich erfolgreich in der Praxis ankommen. Hoffen wir außerdem, dass die Entwicklung von Gasspeicher-Technologien und noch flexiblere Blockheizkraftwerke (BHKW) die Biogasbranche unterstützen werden.

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5 Kommentare zu „Direktvermarktung, Marktprämie und Flexibilitätsprämie bieten Chancen für Biogasanlagen“

  1. Das Modell rechnet sich durch die Managementprämie doch auch so!? Wird doch in einer Grafik auf dieser Seite mehr als deutlich. Mit der Managementprämie liegt man doch definitiv über der alten Festpreisvergütung.

  2. Bei der Anwendung der Markt- und Managementprämie für Bioenergieanlagen nach EEG fehlt mir bisher leider die praktische Erfahrung. Aus dem Austausch mit Anlagenbetreibern weiß ich, dass sich die Marktprämie vor allem für größere Biogasanlagen (jenseits 1 MW) schnell rechnen kann, weil die Fixkosten des zu betreibenden Aufwands beim Umstieg auf die Direktvermarktung besser abgewälzt werden kann.

    Haben Sie Erfahrungen mit der Anwendung der Direktvermarktung (Marktprämie etc.) und können ein erfolgreiches Beispiel vorstellen?

  3. Schulze Hobbeling

    Habe mir noch mal die genaue Berechnung der Marktprämie angeschaut. Mich verwirrt ehrlich gesagt das immer die Rede davon ist, dass für den Anlagenbetreiber kein Risko im Vergleich zur EEG Vergütung besteht. Die Formel besagt doch, dass die Marktprämie der eigentlichen EEG-Vergütung minus des Referenzmarktwertes entspricht. Wenn der Anlagenbetreiber nun seinen Strom zu sehr ungünstigen Zeiten an der Börse verkauft und der Preis unter dem Referenzmarktwert liegt, bekommt er doch weniger als wenn er seinen Strom normal nach EEG vergütet hätte!?

  4. Es wäre spannend zu hören, welche Erfahrungen Anlagenbetreiber mit der Marktprämie gesammelt haben, welche bereits in die Direktvermarktung gewechselt sind. Gerade bei dem von Ihnen angesprochenen Punkt wäre ein Beispiel aus der Praxis sehr interessant.

    Ich habe die Marktprämie bisher jedenfalls so verstanden, dass der Anlagenbetreiber in jedem Fall die Differenz zur theoretisch erhaltenen EEG-Vergütung ausgezahlt bekommt. Damit würde man die Anlagenbetreiber natürlich stark unterstützen und sie könnten ihren Strom ohne Probleme auch zu sehr günstigen Preisen an der Börse verkaufen. Als Anlagenbetreiber würde man in dem Fall von hohen Verkaufspreisen profitieren, würde aber nicht das Risiko einer geringen Marktpreisentwicklung tragen. Als weiterer Anschub der Wechselmotivation ist das natürlich sehr clever. Wie das allerdings in der Praxis bisher gehandhabt wird, wenn der Energiewirt seinen produzierten Strom sehr „ungeschickt“ verkauft, würde mich auch interessieren!

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