Organische Abfälle als zeitgemäße Energiequelle für bioenergetische Anlagen

Eine positive betriebswirtschaftliche Bilanz hängt bei der vergleichsweise arbeitsintensiven Bioenergie (im Vergleich zu Wind- und Solarenergie) vor allem von einer effizienten und komplette Umwandlung der Inputstoffe in Energie ab. Über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet bedeutet das z.B. für Biogasanlagen, dass für den wirtschaftlichen Erfolg viele gute Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Auswahl der richtigen Sorte, der ertragreiche Anbau, eine stabile Vergärung, eine effiziente Verstromung und sichere Abnahmeverträge für die anfallende Wärme sind 5 komplexe Themengebiete, welche bei der Installation und dem Betrieb der eigenen Anlage in Betracht gezogen werden können. Eine Rechnung mit vielen Variablen, die viel Kopfzerbrechen, aber auch Spaß machen kann.

Bioabfälle als wertvoller Stoffstrom für Biogasanlagenbetreiber

Heute möchte ich den wichtigen, da kostenintensiven, Punkt der Inputstoffe unter einer weiteren Perspektive betrachten und etwas näher auf die Potentiale der organischen Abfälle eingehen. Als Berliner fällt mir regelmäßig auf, welche gewaltigen Mengen an Abfall jeden Tag in unseren Städten „nachwachsen“. Die Zeiten in denen Abfälle pauschal als eher unnütz oder problematisch betrachtet wurden sind lange vorbei und mit Zunahme der Kreislaufwirtschaft und der Entwicklung immer anspruchsvollerer Recyclingtechnologien ist der Wettkampf um Abfälle nicht mehr wegzudenken. In diesem wirtschaftlichen Wettstreit um das wertvolle Gut von organischen Abfällen können (sollten?) sich auch Bioenergieanlagen immer stärker einmischen.

Das Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie hat untersucht, dass es deutschlandweit bisher nur ca. 100 Biogasanlagen gibt, welche Bio- und Grünabfälle vergären. Diesen gegenüber stehen ca. 800 Kompostieranlagen in denen die Abfälle für eine Entgeltzahlung abgegeben werden können und vor Ort zu hochwertigem Kompost und Dünger umgewandelt werden.

Bei der aeroben Kompostierung entfällt die Produktion und Sammlung des Biogases in den größten Mengen, wodurch auch die energetischen Potentiale der Bioabfälle ungenutzt bleiben. An diesem Punkt können Betreiber von Biogasanlagen oder auch Kommunen allgemein ansetzen und die Potentiale anzapfen. Hier der Link zur Internetseite des Witzhausen-Instituts mit zahlreichen Downloads zum Thema.

Verbrennung oder Vergärung von Biomasse?

Das ist eine Frage, die mich schon länger beschäftigt, für die ich aber noch keine befriedigende Antwort gefunden habe. Ob die Verbrennung oder die Vergärung unter allen Gesichtspunkten die effizientere Methode zur Umwandlung der Abfälle ist, kann ich weiterhin nur schwer beantworten. Es gibt einige Aussagen dazu im Netz, aber im Allgemeinen hängt es viel von der Beschaffenheit der Inputstoffe selbst ab (z.B. Wasser- und Ligningehalt) und den regionalen Standortfaktoren.

Hybridanlagen

Für die Vergärer-Fraktion unter den Bioenergieproduzenten gibt es die Möglichkeit auf verschiedene Arten von Hybridanlagen zu setzen. Das bedeutet, dass die Anlagen so ausgelegt sind, dass auch relativ heterogene oder wechselnde Stoffströme zur Beschickung der Anlage verwendet werden können. Hybridanlagen sind in der Herstellung etwas aufwendiger und im Betrieb (Erfahrung des Betreibers!) schwieriger, garantieren aber eine höhere Flexibilität im Umgang mit Inputstoffen. So können die Anlagen beispielsweise zur Hälfte mit Nawaros und zur anderen Hälfte mit Reststoffen aus der Industrie befüllt werden. Bezugsquellen für organische Abfälle gibt es mehrere, wie in Abbildung 1 (siehe oben) dargestellt ist.

Betriebswirtschaftliche Besonderheiten

Genau wie bei anderen Biogasanlagen auch, kommen bei Bioenergieanlagen auf Basis von organischen Abfällen die produzierte Strom- und Wärmeenergie und der Gärrest als Einnahmequellen in Betracht. In Bezug auf die Förderungen durch das EEG gibt es bei den Abfall-Anlagen jedoch einige Verluste zu kompensieren. So ist der Bonus pro Kilowattstunde bei Verwendung von Nachwachsenden Rohstoffen (Nawaro’s) als Inputmaterial um einiges höher, als die Zahlungen bei der Verwendung von Grünschnitt. Für Abfälle gibt es überhaupt keine zusätzlichen Zahlungen!

Kompensierend wirkt an dieser Stelle die Tatsache, dass viele Entsorger für die Abnahme von Abfällen Gelder zahlen und dieses dem Anlagenbetreiber zu Gute kommen kann. In der folgenden Grafik werden die Biogaserträge von einigen Inputstoffen verglichen und es wird deutlich, dass „Abfall-Anlagen“ in diesem Punkt keine großen Abweichungen zeigen.


Bei der Grafik sollte natürlich auch der schwankende Methangehalt des Biogases berücksichtigt werden.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR), mit einem gesicherten Zugang zu großen Mengen an organischen Abfällen, plant für das kommende Jahr den Bau einer ersten Biogasanlage in der sie die anfallenden Abfälle vergären möchte, um das aufbereitete Gas zum Betrieb von 150 Sammelfahrzeugen zu nutzen. Ein toller Schritt zur Erhöhung der Kreislaufwirtschaft mit regional geschlossenen Stoffströmen, der sich für Großstädte besonders anbietet, da auf Grund der komplexeren Verfahrenstechnik die Vergärung von organischen Abfällen mit zunehmendem Stoffstrom immer wirtschaftlicher wird.

Ab welcher Größe und bei welchen Standortfaktoren sich der Einsatz von Abfällen rechnet ist abhängig vom konkreten Beispiel und stark abhängig vom Zugang zu organischen Abfallströmen und dem Wärmenutzungskonzept der Anlage. Auch für Kommunen mit kleineren Abfallströmen kann deren Vergärung eine interessante Alternative sein. Ich bin gespannt, was sich auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren tun wird.

Vielen Dank auch an Karsten Wiedemann und Silke Reents für ihren inspirierenden Artikel zum Thema organische Abfälle in der Mai-Ausgabe des Magazins „neue Energien“.

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