Die vor 2 Wochen vom Bundeskabinett verabschiedete Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe stößt bei Verbänden auf zum Teil heftige Kritik. Es sollten mehr Lehren aus den vergangenen Jahren gezogen werden, in denen Deutschland sehr zügig eine sehr ambitionierte Umweltpolitik aufgebaut hat.
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) hat mit einer äußerst kritischen Pressemitteilung den Nutzen der Nachhaltigkeitsverordnung in Frage gestellt und dafür die befürchteten wirtschaftlichen Probleme in den Vordergrund gestellt. Demnach wird kritisiert, warum Deutschland bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht erneut so vorschnell handelt. Diese zügige Vorgehensweise ohne sorgfälltige Prüfung über den besten Weg zur nachhaltigen Einbindung in wirtschaftliche Strukturen belaste alle beteiligten Akteure von den Landwirten und dem Agrarhandel bis zu den verarbeitenden Ölmühlen und den Biokraftstoffherstellern. Durch eine übereilte Einbindung in nationales Recht, ohne Ausnutzen der zur Verfügung stehende Zeit, gefährde die Politik, dass sich die betroffenen Akteure abstimmen und eine betriebswirtschaftlich nachhaltige Infrastruktur zum Erreichen des lohnenden Ziels aufbauen können.
Es sollten stattdessen erst Probeläufe stattfinden (zur Funktionsweise der Zertifizierungssysteme und der elektronischen Datenübermittlung), um zu prüfen, ob die erstellte Verordnung in der aktuellen Version auch umzusetzen ist und nicht zu deutlichen Mehrkosten und Frustration auf Betriebsebene führt. Solche teuren Irrwege, die letztlich der Mittelstand tragen müsse, könnten durch eine gründliche Planung im Vorfeld vermieden werden. Es drohe ein „bürokratisches Monster“, welches über das Ziel hinausschieße. Die Verordnung sei in erster Linie dafür gedacht, Umweltrodungen und den Schutz von Naturschutzflächen zu gewährleisten. Diese Ziele werden beim Anbau in Deutschland durch gute ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen und Cross-Compliance oft schon erreicht.
Eine Kritik die berechtigt scheint und auf die häufige Problematik zwischen Politik und Praxis hinweist. Eine Nachjustierung der Nachhaltigkeitsverordnung oder eine zeitliche Verschiebung sollte in meinen Augen bedacht werden, da lobenswerte hohe Umweltstandards nur dann sozial nachhaltig sind, wenn sie auch ökonomisch vom Mittelstand realisiert werden können. Und die Umsetzung der EU-Richtlinie würde durch eine etwas langsamere (aber absolut im Rahmen liegende) Einbindung nicht gefährdet werden.
Anscheinend hat es langsam „klick“ gemacht. Nun denkt unsere derzeitige Bundeslandwirtschaftsministerin Frau Ilse Aigner darüber nach, die Förderbedingungen anzupassen, da „die derzeitigen Förderbedingungen regional zu einem vermehrten Mais-Anbau für die Energie-Erzeugung führen. Mit Blick auf die dadurch wachsenden Konflikte müssen wir nachsteuern.“ Gefahr erkannt – Gefahr gebannt? Darüber entscheidet demnächst ein Gremium aus 240 Experten und Branchenkenner auf der Konferenz des BMELV (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz). Bleibt zu hoffen, dass das Thema Biomasse wieder vernünftig aufgegriffen wird, abgewägt, was lohnend ist und was nicht, sondern nur zu Monokultur, Konkurrenzkampf zwischen Nahrung und Energie und Ausbeutung der Entwicklungsländer (Bodenerosion, Arbeitsbedingungen, etc) führt. Und das man sich endlich fragt, wer profitiert von Biomasse – und wer muss zahlen?
Eine Anpassung der Förderquoten für Biomasse in der EEG-Novelle 2012 halte ich ebenfalls für notwendig. Meiner Meinung nach ist das sowohl für das Ansehen der Erneuerbaren Energiewirtschaft als Ganze nützlich, als auch speziell für die Branche der Bioenergie und alle Branchenbeteiligten. Immerhin werden durch eine Aktualisierung der Gesetzeslage an die aktuelle Anlagen- und Betriebssituation in Deutschland auch Innovationen und neue Technologieentwicklungen gefördert. Dadurch kann die Branche der Bioenergie noch schneller reifen und mit immer weniger Subventionen voll konkurrenzfähig gegenüber den fossilen Energieträgern werden.
Da Bestandsanlagen von den Anpassungen der Förderhöhen unberührt bleiben, können Betreiber von schon bestehenden Biogasanlagen der EEG-Novelle relativ entspannt entgegensehen. Problematisch wird es für Anlagen, die gerade in der Planungspipeline sind und welche die Schwerpunkte der Gesetzesänderung kennen müssen, um ein möglichst wirtschaftliches Anlagenkonzept realisieren zu können. Vielleicht wird es dadurch in den nächsten Monaten zu einer Einfrierung vieler bestehender Biogasprojekte kommen.
Hoffen wir, dass die aktuell sehr heiß geführten Diskussionen um die EEG-Novelle zu einem allgemein akzeptierten, modernen und zielgerichteten Gesetzestext für die Bioenergie und die Erneuerbaren an sich führen.