Vielen Dank an Dr. Frank ter Veld, Wissenschaftler an der der Plant Biochemistry Ruhr-Universität Bochum, für den Gastartikel zur Gewinnung von Biogas aus Algen. Der Artikel ist ein spannender Einblick in den aktuellen Stand dieses vielversprechende Forschungsgebiets. Eignen sich Algen als Bioenergieträger der Zukunft für den Einsatz als Energiepflanzen in Biogasanlagen? Das wäre ein großer Fortschritt auf den man aufbauen könnte, um Bioenergie-Streitpunkte wie „Vermaisung“ und „Tank-oder-Teller“ konstruktiv zu lösen. Lesen Sie selbst!
In diesem Jahrhundert wird Biosprit eine stetig anwachsende Bedeutung einnehmen. Die Nachhaltigkeit dieser Energiebereitstellung auf Basis des Biomasseanbaus liegt allerdings aktuell noch im Ungewissen.
In einer aktuellen und umfangreichen Studie zur Herstellung von Biogas mit Algen, publiziert im Fachmagazin „Energy & Fuels“ (herausgegeben von der „American Chemical Society“) wurden zwei Szenarien verglichen: Die Produktion von Biomasse auf Basis von Mikroalgen, kultiviert in offenen Becken mit Hilfe von CO2 aus Rauchgas, sowie der Anbau von Biogasmais als Biomassequelle. Die anschließende Vergärung der Biomasse ermöglichte nicht nur die Produktion von Biogas sondern ermöglichte zusätzlich die Wiederverwertung der benötigten Nährstoffe, welche im Digestat erhalten bleiben. Bei der Verbrennung des produzierten Biogases in eine Gaskraftwerk ergaben beide Systeme eine elektrische Leistung von jeweils 1 TWh.
Beide Biomasseproduktionssysteme waren fiktiv mit einem angedachten Standort Norddeutschland, darum musste zunächst die Flächenproduktivität der Mikroalgenanlage abgeschätzt werden. Dies geschah auf Basis von Ertragsdaten bereits existierender Anlagen weltweit unter Einbeziehung von lokalen Sonneneinstrahlungs- und Temperaturdaten. Dabei ergab sich eine (geschätzte) Trockengewichtsmasse von 22,1t für den Zeitraum von April bis September. Im Vergleich zum Biogasmaisanbau ist die Algenanzucht energieintensiv. So beträgt der errechnete Leistungsbedarf für die Mikroalgenproduktion 0,32 TWh, was eine Nettoenergiebilanz von 3,2 ergibt (bei einer angenommenen Wärmeabnahme von 100%). Die fiktive Mikroalgenanlage benötigte 0,16 TWh an elektrischer Leistung, um die relativ unkonzentrierte Algensuspension mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Mrd. m³ ernten zu können. Auch der Transport des Rauchgases vom Gaskraftwerk zum Kultivierungsbecken benötigte, wegen der großen Gesamtanzuchtfläche, weitere 0,06 TWh. Würde man übrigens vorher das CO2 abfangen, um es dann gereinigt und konzentriert, transportieren zu können, dann würden stattdessen für die CO2-Bereitstellung 0,19 TWh anfallen. Eine Biomethanproduktion mit Biogasmais als Substrat ergab, unter Anwendung der Kraftwärmekopplung (KWK), in dieser Analyse eine bessere Nettoenergiebilanz von 4,9. Falls diese Systeme aber ohne jegliche externen fossilen Energieträger betrieben werden müssten – wozu diese Systeme eigentlich gedacht sind – dann würde Biogasmais 35 % mehr Anbaufläche in Anspruch nehmen, Mais- und Mikroalgensysteme bräuchten dementsprechend 62000 ha bzw. 39000 ha Bodenfläche.
Herstellung von Biogas aus Algen schließt Stoffkreisläufe
Interessanterweise wird die Nachhaltigkeit von auf Mikroalgen basierender Biogasproduktion aber in erster Linie durch eine effiziente Extraktion der Nährstoffe (in der Grafik dargestellt als Nitrogen, Phosphat und Kalium, NPK) und weniger durch die Flächenproduktivität bestimmt. Die Bereitstellung aller notwendigen Nährstoffe würde dann eine Energiebilanz ergeben, die negativ wäre. Betrachtet man also ausschließlich die Extraktion von Energie in Biomasseproduktionssystemen und ignoriert dabei das Schließen von (Nähr-)Stoffkreisläufen, dann werden dadurch automatisch neue Ressourcenmängel erschaffen – wofür es dann keine Alternativen mehr geben wird. Die Leistung von Biomassesystemen muss also nicht nur auf der Basis des Energieertrags berechnet werden, sondern auch auf Basis des Lebenszyklus aller relevanten Stoffströme. Hier sind auch die Prozesse relevant, welche kontinuierlich die Prozessbausteine liefern; diese Rolle wird hier von der Biogasanlage übernommen. In natürlichen Ökosystemen ist dieser Ansatz universal gegenwärtig, indem der autotrophe Produzent – die Pflanze – die Biomasse liefert, der heterotrophe Konsument – der Mensch – die Biomasse verwertet und am Ende des Zyklus der mikrobieller Verbraucher – der Biogasfermenter – alle Abfallstoffe als neue Bausteine dem Prozess wieder zur Verfügung stellt.
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