Zukunft der Großanlagen in der Bioenergie – ein Fazit

Wie sieht die Zukunft für industrielle Großanlagen im Bioenergiebereich aus? Nach dem gestrigen Artikel zur Situation der Biogasparks in Penkun und Güstrow heute ein allgemeineres Fazit.

Die Argumentation werde ich vor allem aus der Sicht von Biogasanlagen führen, da BMHKW´s und Pyrolyse-Anlagen zwar viele Gemeinsamkeiten mit Biogasanlagen haben, aber auch deutliche Unterschiede in der Verfahrenstechnik aufweisen. In diesem Zusammenhang möchte ich Anlagen mit einer Leistung ab 10 MW (oder äquivalenter Gasproduktion) als „Großanlagen“ bezeichnen.

Konzentrierte Energie und Innovation aus einer Hand

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der gesamte Bioenergiemarkt und seine Entwicklung sehr komplex ist und von verschiedenen Dingen abhängen. So finden auf nationaler Ebene die Innovationen in der Verfahrenstechnik vor allem entlang der politischen Rahmenbedingungen statt. Über Fördermittel (in Form von Einspeisevergütungen des EEG) werden Technologien und Anlagenkonzepte ökonomisch gefördert oder eher gehemmt. Auf internationaler Ebene sind die Entwicklung des Ölpreises und alle anderen Energiequellen (fossil und regenerativ) als wichtigste Einflussgrößen zu nennen.

Technische Großanlagen wie in Penkun und Güstrow haben den Vorteil relativ konzentriert große Mengen an Energie umzuwandeln. Dadurch können verfahrenstechnische Synergien geschaffen werden und Manpower an einem Ort gesammelt werden. Diese Bündelung von einem Kompetenzteam und entsprechendem Know-How ermöglicht Vorteile bei der technischen Kontrolle und Optimierung des Biogasprozesses. Es ist eher möglich eine eigene Forschungsabteilung in die Großanlage zu integrieren, welche eine mittelfristige Weiterentwicklung der Anlagentechnik und des Anlagenbetriebs unterstützt.

Außerdem sind bei zunehmender Anlagengröße, z.B. durch die Lagerung größerer Stoffströme von Inputstoffe, mit abnehmenden betriebswirtschaftlichen Grenzkosten zu rechnen. Diese führen zu geringeren Energiegestehungskosten, diese zu geringeren Preisen für die Kilowattstunde bei den Verbrauchern. Dadurch wird die Konkurrenzfähigkeit der Bioenergie am Markt erhöht und sie kann sich mittelfristig besser entwickeln.

Großanlagen und dezentrale Energieversorgung

Für mich stellt sich trotz der vielen Vorteile aus dem ersten Abschnitt oft die Frage nach der Notwendigkeit für das Bilden von Großanlagen. Immerhin wird die Bioenergie oft als dezentrale Energieform gesehen, die geschlossene Kreisläufe auf kommunaler Ebene bietet. Je größer die Anlage jedoch wird, desto weniger dezentral die ist Energieproduktion und -versorgung. Es entstehen lange Anfahrtswege für die Inputstoffe (nachwachsende Rohstoffe, Gülle, Lebensmittelabfälle…), die Energiebilanz wird geschwächt, komplexe Leitungsstrukturen (Gasnetze) müssen gebaut und erhalten werden und mehr CO2 wird in die Atmosphäre frei gesetzt.

Ist der entstehende Konflikt zwischen großen oder kleinen Biogasanlagen als wirklich wieder so simpel auf mittelfristig ökonomische oder langfristig ökologische Optimierung zurückzuführen? Eine pauschale Aussage ist natürlich schwierig und der Teufel steckt wie immer im Detail. Die Diskussion um die Einrechnung der externen Effekte oder den ökologischen Footprint soll an dieser Stelle nicht geführt werden, aber zumindest der Zusammenhang angedeutet werden.

Durch die technologischen Möglichkeiten zur Erdgasaufbereitung und existierenden Einspeiseanlagen hat die Biogastechnologie in jedem Fall eine neue Stufe erreicht und sich von ihrem bisherigem Ruf als streng dezentrale Energiequelle etwas emanzipiert. Dieser Veränderung ermöglicht viele großartige Chancen (zunehmende Unabhängigkeit vom Erdgas), aber natürlich auch gewisse Risiken (großtechnische Industrialisierung der Bioenergie).

Das Supermarkt-Prinzip

Die lokalen Gegebenheiten und die vorhandene Infrastruktur müssen bei der Planung einer jeden Anlage, besonders bei größeren Anlagen, einberechnet werden um eine bestmögliche Ökobilanz zu gewährleisten. In dichten Siedlungsräumen mit guter Gasleitungsinfrastruktur und kompakter Energieabnahme (Großstädten) können Großanlagen der Bioenergie mit < 20 MW eine sinnvolle Option sein. Trotzdem bin ich der Meinung, dass für die wirklich großen Kraftwerke (< 250 MW) weiterhin auf Energiequellen mit einem höheren Brennwert zurückgegriffen werden sollte. Das ich für die absolute und relative Zunahme der Biogasanlagen bin, davon bin ich sehr überzeugt, aber ich halte es im Moment für ökologisch sinnvoller auf viele Anlagen zwischen 0,5 und 5 MW zu setzen. Das würde ich dann als Supermarkt-Prinzip bezeichnen, bei dem in relativer Nähe zum Kunden eine Filiale ist, an der die Energie regional bereitgestellt (im günstigsten Fall auch umgewandelt) wird. Kurze Anfahrtswege und Kundennähe der Energieversorger mit Möglichkeiten zur direkten Einflussnahme schaffen in meinen Augen Vertrauen und ein geschärftes Energieinteresse und Energiebewusstsein bei den Verbrauchern.

Am Ende hängen die Entscheidungen von den „kühlen“ Bilanz über Vor- und Nachteile der jeweiligen Anlage ab. Mehr bleibt einem als aktuellem Anlagenbauer auch nicht übrig und in einem demokratischen und transparenten Entwicklungsprozess halte ich das für den vernünftigsten Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung.

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