Nein ich bin nicht unter die Verkünder der Apokalypse gegangen. Aber der Klimagipfel nähert sich seinem Ende und mit ihm auch die begleitende Reihe auf dieser Seite. Es wundert mich, dass sich vor dem Beginn der Konferenz viele beteiligte Parteien über das große gemeinsame Ziel einig waren und man sich nach knappen 2 Wochen plötzlich an relativ verhärteten Fronten wiederfindet. Vielleicht ist es nur ein Bluff der einzelnen Parteien um möglichst viele der eigenen Interessen durchsetzen zu können. Ganz nach dem Motto „wer zuerst blinzelt, verliert“. Hoffentlich ist es „nur“ so.
Der Wille ist da, aber die Fertigkeit das gemeinsame Ziel umzusetzen, geht auf der Strecke verloren. Das kennt man selbst aus hartnäckigen Projektarbeiten und schwierigen Teamkonstellationen. Aber warum passiert so etwas bei einer so wichtigen Versammlung mit relativ klarem Ziel und diplomatisch erfahrenen Fachleuten? Die unterschiedlichen Positionen waren doch auch vor dem Klimagipfel weitgehend bekannt und in Fachkreisen wurden verschiedene Lösungen debattiert. Hat das etwas mit Lagerkoller zu tun, zuviel Ego oder unvereinbaren Interessen? Sind die Probleme so komplex und die Mißverständnisse so groß, dass selbst die klügsten Köpfe keine gerechte Lösung finden können? Oder sind wir Teilnehmer einer ausgeklügelten Marketing-Kampagne, welche den Klimagipfel nach dramaturgischen Gesetzmäßigkeiten präsentiert und den Spannungsbogen zum letzten Akt hin noch mal ansteigen lässt? Schwer zu sagen und vielleicht auch nicht mehr so wichtig für den fast beendeten Gipfel.
Zum Abschluss dieses wichtigen Gipfels möchte ich noch einige Punkte nennen, die nicht so sehr mit inhaltlichen Biomasse-Ansätzen zum Klimaschutz zu tun haben, sondern eher mit einer besonderen Art der Geisteshaltung, die ich für das Erreichen der gemeinsamen Ziele für genauso wichtig halte, wie das Formulieren konkreter Maßnahmen. Über die einzelnen Punkte können ganze Bücher geschrieben werden, wurden sie in einigen Fällen auch, ich werde sie an dieser Stelle jedoch nur kurz anreißen.
7 Punkte zum Erreichen der Klimaschutzziele
1. Effizienzsteigerung
Diese Art der Optimierung von Parametern leuchtet mir mit einem ingenieurtechnischen Hintergrund sofort ein. Es können alle Technologien und Arbeitsprozesse dahingehend optimiert werden, dass sie möglichst wenig Energie bei gleicher Leistung verbrauchen und dabei wenig CO2 ausstoßen. Das ist ein wunderbarer und sehr pragmatischer Ansatz. Es sollte aber nicht die einzige Maßnahme sein. Was ich aus dem Umgang mit Systemen und Modellierungsaufgaben gelernt habe ist, dass es nicht reicht, ein aus dem Gleichgewicht gekommenes System allein durch das abrupte Gegensteuern dieses Parameters (CO2) in die entgegengesetzte Richtung wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Den Blick für das ganze System mit unterschiedlichen Perspektiven und anderen Einflussgrößen auf den Klimawandel zu stärken, ist genauso wichtig.
2. Interdisziplinarität
Das führt zum häufig verwendeten Begriff der Interdisziplinarität. Begriffe werden nicht selten für einen gewissen Zeitraum sehr häufig und geradezu inflationär verwendet, so dass sie leicht verwässert werden. Die Idee Spezialisten und Universalisten in Think Tanks zusammenzubringen und analytische und synthetische Denkansätze und Lösungsmethoden zu vereinen, und nichts Anderes ist Interdisziplinarität, sollte aber nicht zu einer Worthülse werden. Ansonsten werden zu viele Anstrengungen auf das Lösen eines Problems gelenkt und andere Probleme geraten aus dem Fokus. Das führt leicht dazu, dass hochspezialisierte Teams um Aufmerksamkeit ringen müssen, damit ihr Anliegen betrachtet wird. Bei einer stärkeren Ausrichtung auf eine interdisziplinäre (ganzheitliche) Betrachtung würden diese abrupten Wechsel der Aufmerksamkeit viel weicher ausfallen.
3. Zusammenarbeit
Geht in eine ähnliche Richtung wie der letzte Punkt, aber mit dem Schwerpunkt auf die praktische Umsetzung von Maßnahmen. Eine konstruktive Zusammenarbeit von Wirtschaft und Forschung, verschiedenen Branchen und Nationen führt zu akzeptierteren Lösungen. Amen.
4. Vertrauen und Opferbereitschaft
Das Vertrauensproblem ist sicher ein Problem, für das besonders schwer eine pragmatische Lösung zu finden ist. Das Vertrauen an eine gemeinsame kollektive Intelligenz zu haben, bei der der Einzelne zwar immer Laie ist, aber seinen Beitrag zur Lösung des gemeinsamen Problems beiträgt ist schwierig. Ich glaube weil es mit individuellem Kontrollverlust einhergeht, dem wir innerhalb einer schnellen Informationsgesellschaft aber auch so unterliegen. Und in Zeiten einer größeren Finanzkrise ist es wahrscheinlich noch schwerer, auf eine existierende Schwarmintelligenz zu vertrauen, deren Erfolge im Moment stark angezweifelt werden können.
5. Kreislaufwirtschaft
Die bisher genannten Punkte unterstützen das Einführen einer harmonischen Kreislaufwirtschaft sehr und die Schnittmengen zwischen verschiedenen Branchen und Perspektiven werden größer und können leichter ineinander fließen. Je bewusster sich jede Wertschöpfungskette über ihre anliegenden Branchen wird, desto besser wird auch das Verständnis von der gemeinsamen Abhängigkeit.
6. Verantwortung
Beim Thema Verantwortung gibt es viele ungelöste Probleme oder Interessenkonflikte. Die Verantwortung gegenüber der eigenen Familie, den Kollegen oder Angestellten in der Firma oder Forschungsinstitution und gleichzeitig die Verantwortung für die nachkommenden Generationen und das Ökosystem der Erde stehen in unserem Handeln noch zu oft in direkter Konkurrenz zueinander. Das führt zu einer innerlichen Spannung, mit der man in schwierigen Momenten nicht ganz leicht umgehen kann. Hier ruhen meine Hoffnungen auf den Philosophen und Soziologen, dass sie inspirierende Lösungsansätze anbieten.
7. Spaß, Kreativität und Herz
Klimaschutz kann viel Spaß machen und dem Leben einen weiteren Sinn verleihen. Er kann ganz leidenschaftlich als der wichtigste Sinn im Leben wahrgenommen werden oder als ein Thema, dem man einen Teil seiner Zeit widmet. Es ist in den letzten Jahren schon viel erreicht worden worüber wir uns freuen können. Ich habe selten so viel Kreativität und ein globales Herz erlebt, wie in den letzten Jahren bei Projekten zum Thema Klimaschutz.
Diese großen Ideen und Begriffe sind nicht leicht umzusetzen, aber für das Erreichen der Klimaschutzziele genauso lohnenswert wie die Reduktion von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre. Je schärfer und destruktiver die Stimmung eines Teams wird, desto mehr leiden meiner Erfahrung nach diese großen Ideale. Sich ab und zu an diese Ideen zu erinnern kann oft heilsam sein.
Hoffentlich reicht die Entschlossenheit und der Weitblick der Regierungschefs in Kopenhagen aus, um den Klimagipfel mit einem kraftvollen Kompromiss zu beenden, der uns im Anschluß an das Kyoto-Protokoll in eine engagierte Zukunft zum Klimaschutz begleitet.