Landwirtschaftliche Biogasanlagen und industrielle Großanlagen
Der Fermenter ist das Herzstück einer jeden Biogasanlage und gleicht in seiner Funktionsweise dem Magen einer Kuh.
In ihm finden die Abbauprozesse der organischen Substanz statt, bei denen das Biogas entsteht. Die Anzahl an Fermentern innerhalb der Anlagen-Konstruktion kann erheblich variieren und mittlerweile gibt es industrielle Anlagen die aus 40 Fermenter-Modulen mit jeweils 500kW elektrischer Leistung (BHKW) bestehen. Diese aktuell größten Anlagen-Typen haben somit ca. 20 MW elek. Leistung.
Als Beispiel für den Fermenter einer Biogasanlage habe ich eine gerenderte AutoCAD-Zeichnung angefertigt und eingefügt.
Mikrobiologie im Fermenter einer Biogasanlage
Im Fermenter findet unter anaeroben Bedingungen eine Sukzession von Abbauprozessen statt, bei denen die Inputstoffe Schritt für Schritt in kleinere Bestandteile zerlegt werden. Die Protagonisten dieses Gärprozesses sind bestimmte Mikroorganismen (hauptsächlich Bakterien), denen die organische Substanz der Inputmaterialien als Nahrungsgrundlage dient.
Die Zusammensetzung der teilnehmenden Bakteriengesellschaften (Biozönosen) bildet sich abhängig von der Qualität der Inputstoffe und den physikalischen und biochemischen Bedingungen im Fermenter heraus. Die Ökologie des Fermenters reagiert dabei auf jede Veränderungen äußerst sensibel, weshalb ein möglichst homogener und konstanter Gärprozess angestrebt wird.
Durch speziell entwickelte MSR-Technik kann die Entwicklungen der Paremeter innerhalb des Fermenters genau beobachtet werden. Durch diese zunehmende Transparenz des Anlageninneren ist es möglich, auf zu starke oder schnelle Veränderungen des physiko-chemischen Fermenterzustands rechtzeitig zu reagieren und die weitere Entwicklung der Abbauprozesse zu beeinflussen.
Eine größtmögliche Biogas-Produktionsrate mit hohem Methananteil ist das angestrebte Ziel eines Anlagenbetreiber.
Chemische Prozesse im Fermenter beim Abbau der organischen Substanz
Der Abbau der organischen Substanz im Fermenter findet unter anaeroben Bedingungen (ohne Sauerstoff) statt:
- Hydrolyse: Enzyme zersetzen in einem ersten Schritt die polymeren Makromoleküle (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) der Biomasse. Die beteiligten Enzyme sind Amylase, Protease und Lipase. Sie wirken in dem Fall außerhalb der Mikroorganismen als Exoenzyme. Kohlenhydrate werden in Oligo- und Monosaccharide gespalten. Proteine in Peptide und Aminosäuren zerlegt und Fette in ihre einzelnen Bestandteile (Fettsäuren, Glycerin) geteilt.
- Acidogenese: Weiterer Abbau der während der Hydrolyse entstandenen kürzeren Verbindungen zu organischen Säuren (hauptsächlich Carbonsäuren) und Alkoholen. So entstehen Substanzen wie Butter-, Propion- und Essigsäure, aber auch für die Qualität des Biogases unerwünschte Stoffe wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak (hauptsächlich durch den Stickstoff der Proteine).
- Acetogenese: Die in Hydrolyse und Acidogenese entstandenen Substanzen werden von Mikroorganismen zu Essigsäure und deren gelöstem Salz (Acetat) abgebaut. Aufgrund der verschwindenden Alkohole und weiteren Zunahme der Säuren fällt der pH-Wert.
- Methanogenese: Auf zwei verschiedenen Wegen wird Methan gebildet. Erstens (A) aus der Essigsäure, die von Methanbildnern (Bakterien) zu Methan abgebaut wird. Zweitens (B)wird aus elementarem Wasserstoff und CO2 das Methan und Wasser gebildet.
(A) CH3COOH –> CO2 + CH4
(B) CO2 + 4H2 –> CH4 + 2H2O
Die Biozönose von Mikroorganismen, welche die Biomasse zersetzen und vor allem das Methan produzieren, funktioniert am besten unter anaeroben Bedingungen. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Aktivität der Bakterien ist die Temperatur im Fermenter. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten der Anlagenführung (mesophil, thermophil, hyperthermophil), wobei die Temperatur nicht über 75°C liegen sollte.
Die Artenzusammensetzung im Fermenter ergibt sich hauptsächlich aus der Temperatur, dem pH-Wert, dem Sauerstoffgehalt und natürlich dem Inputmaterial (und somit der Biomasse-Zusammensetzung). Während der ersten 3 Zersetzungsstufen sind vor allem die folgenden Bakterienfamilien aktiv: Actinomyceten, Mikrokokken, Nokardien und Corynebakterien. Während der Methanogenese führt vor allem die Tätigkeit der Methanobakterien zur Produktion des gewünschten Methangehalts im Biogas.
Zusammensetzung von Biogas und die Gasanalyse
Die Zusammensetzung des entstehenden Biogases hängt vor allem vom Beschickungsmaterial ab. Die Hauptkomponenten des Gases sind dabei immer gleich und unterscheiden sich nur in der prozentualen Verteilung. Die Art der Spurenstoffe (Restgas) kann abhängig von Inputmaterial und Anlagenkonstruktion auch qualitativ unterschiedlich sein. Enthaltene Gase sind:
- Methan: 40 – 75%
- Kohlendioxid: 25 – 55%
- Wasserdampf: 0 – 10%
- Stickstoff: 0 – 5%
- Sauerstoff: 0 – 2%
- Wasserstoff: 0 – 1%
- Ammoniak: 0 – 1%
- Schwefelwasserstoff: 0 – 1%
Die Zusammensetzung des Biogases ist ein wesentlicher Punkt für die Wirtschaftlichkeit der Anlage und hat außerdem Einfluß auf die rechtlich vorgeschriebenen Aufbereitungsmodule innerhalb der Anlage. Deshalb ist das Ergebnis der Gasanalyse ein wichtiges Qualitätskriterium für den Anlagenbetreiber. Aus anlagentechnischer Sicht bietet die Aufbereitung des Biogases zu Erdgasqualität eine bedeutende energiewirtschaftliche Chance für eine großflächigere Nutzung des Biogases, da sich Möglichkeiten der Einspeisung ins Erdgas-Netz auftun.
Hier finden Sie Artikel zur aktuellen Entwicklung der Biogas-Branche.