Als ich vor Kurzem erfahren habe, dass eine neue Datenbank für Biokunststoffe online gegangen ist, hat mich das sehr gefreut und ich habe beschlossen ihr einen Besuch abzustatten und sie näher kennenzulernen. Über meine Erfahrungen mit diesem innovativen Tool möchte ich heute berichten.
Da ich das Konzept des Sammelns und die Möglichkeiten des Aufbereitens von Informationen an Hand von Datenbanken sehr spannend finde und Biokunststoffe einer glorreichen Zukunft entgegengehen hat mir diese Datenbank viel Spaß gemacht.
Betreiber der Datenbank
Das Material Data Center (Link zur Datenbank) beschäftigt sich nicht nur mit Biopolymeren, sondern ist eine Sammlung für Kunststoffe aller Art mit einem seit Dezember existierenden Schwerpunkt auf Biokunststoffen. Betreiber der Datenbank sind die Fachhochschule Hannover (Fachbereich Bioverfahrenstechnik) und das Unternehmen M-Base Engineering + Software aus Aachen.
Aufbau der Datenbank
Die Datenbank gliedert sich in verschiedene Teilbereiche, die vom Hauptmenü aus erreicht werden können. Folgende sechs Segmente werden dabei angeboten:
– Werkstoffdaten
– Toolbox
– Bauteildatenbank
– Biopolymerdatenbank
– Handelsnamen
– Literatur
Je nachdem von welchem Interessenbereich man als Nutzer kommt, kann man sich dem umfassenden Datensatz unterschiedlich nähern.
Die Datenbank im Selbstversuch
Um die Datenbank zu nutzen, gibt es mindestens 3 verschiedene Nutzerstatus (interessanter Plural!). Jeder Einzelne überträgt dem Nutzer unterschiedliche Möglichkeiten. So kann man die Seite als Gast, Abonnent oder registrierter Nutzer erkunden. Eine volle Lizenz kostet ca. 350 Euro pro Jahr. Da man als registrierter Nutzer eine kostenlose 7-Tage-Trial Lizenz erhält, habe ich dieses schöne Angebot genutzt und mich als registrierter Nutzer in ein noch bunteres Biokunststoffabenteuer gestürzt.
Die grundlegenden Eigenschaften die mir positiv aufgefallen sind, waren die Schnelligkeit der Seite, sowie die Informationsmenge, welche einem in deutscher und englischer Sprache sehr übersichtlich präsentiert wird. Das Design ist in meinen Augen noch ausbaufähig, aber es ist o.k. – immerhin handelt es sich um eine Datenbank und nicht um eine Seite für Kalligraphie.
Die sich öffnende Datenbank war in ihrer Informationsmenge sehr beeindruckend und die Sammlung beträgt aktuell knapp 24.000 Kunststoffe, welche nach Kunststofffamilie und Hersteller differenziert werden. Die spezielle Kategorie für Biokunststoffe enthält schon ca. 500 verschiedene Typen, was wahrscheinlich vor allem für Spezialisten sehr spannend und nützlich sein dürfte.
Dabei werden Angaben zu den mechanischen und thermischen Eigenschaften des Kunststoffs genauso gemacht, wie zu den Verarbeitungsmethoden, Anwendungsmöglichkeiten und der jeweiligen Lieferform. Als weitere Besonderheit ist mir die Angabe zur ökologischen Bewertung des Kunststoffs aufgefallen, welche mich sehr gefreut hat.
Dann habe ich mich natürlich daran gemacht, tiefer in die Datenbank einzusteigen und ihr einige Informationen über spezielle Kunststoffe zu entlocken. Da mir die Biokunststofffamilie der Polylactide (PLA) schon häufiger über den Weg gelaufen ist, habe ich mich für sie als Testkandidat entschieden und versucht möglichst viel von der Datenbank über PLA zu erfahren.
Für diese spezielle Suche wurden mir 17 Materialien von 3 verschiedenen Herstellern vorgeschlagen, welche ich einzeln aufrufen und bei Bedarf die Angaben im PDF Format ausdrucken konnte. Hierbei handelt es sich um Informationen zum Hersteller, den Materialkennwerten und der Werkstofffamilie. Außerdem informiert die Software über Kühlzeiten und mögliche Fließlängen der Biokunststoffe. An Hand von vielen Fallbeispielen kann man sich im Weiteren über das Verhalten verschiedener Kunststoffe in der Praxis informieren.
Wenn man nicht direkt nach einem passenden Kunststoffgranulat, sondern nach einem speziellem Bauteil sucht, kann man aus einer Liste von Bauteilen (ca. 800 Stück) inklusive ihrer Anwendungsart wählen oder anhand der Handelsnamen der Kunststoffe suchen (ca. 4300 wurden bei mir in der Datenbank angezeigt).
Abschließend hat man auch als Gast-Besucher einen Zugang zu einer Online Bibliothek über Kunststoffe, welche viele Volltexte enthält. Ich habe einen Test gemacht und war mit dem Ergebnis zufrieden. Ich konnte verschiedene Texte aus dem Carl Hanser Verlag im PDF-Format durchschauen.
Entwicklungsideen und Fazit
Ich war sehr beeindruckt von der Datenbank und würde mich freuen eine so gut aufbereitete, schnelle und dynamisch reagierende Datenbank für Technologien oder Wissenschaften in Zukunft öfter anzutreffen.
Noch ein paar Inspirationen zu Entwicklungspotentialen die mir aufgefallen sind:
Als sehr optisch orientierter Typ würde mir eine weitere Kategorie, welche mir den chemischen Aufbau des jeweiligen Kunststoffs anzeigt sehr helfen. Dadurch könnte man leichter Rückschlüsse zwischen Struktur und Werkstoffeigenschaften anstellen. Allgemein wären ein paar optische Elemente zur Ergänzung sehr schön. Aber da die bisherige Arbeit mit Sicherheit schon eine Mammutaufgabe gewesen ist, sehe ich dies bei einer numerisch orientierten Datenbank nicht als Nachteil. Vielleicht sind die Daten über die chemische Struktur und Zusammensetzung der einzelnen Kunststoffe sogar Betriebsgeheimnisse und sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Aus Händlersicht und für Designer und Konstrukteure wären natürlich Angaben über aktuelle Marktvolumina und spezifische Granulat- und Verarbeitungskosten sehr spannend, was aber strukturell vielleicht noch nicht möglich ist.
Als Dritte und letzte Kritik ist mir aufgefallen, dass die spannende Funktion des direkten Vergleichs zwischen zwei Kunststoffen bei mir nicht funktioniert hat. Das kann aber auch eine Ausnahme gewesen sein.
Um einen Überblick über die große Menge und Vielfältigkeit dieses für unsere Gesellschaft so wichtigen Materials zu bekommen, ist die Datenbank sehr gut geeignet und die Bedienung ist intuitiv. Die Potentiale einer solchen Datenbank sehe ich vor allem in noch präziser abgestimmten Materialeigenschaften für Produkte, einer Konsolidierung des schon bestehenden Wissens zu Kunststoffarten in digitaler Form und letztlich auch eine bessere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Für Biokunststoffe speziell hoffe ich, dass die Datenbank ihnen hilft noch schneller die Märkte zu erobern.
Vielen Dank für diesen schönen Service an die Fachhochschule Hannover und das Unternehmen M-Base!