Zu viele Köche verderben den Brei! Wenn jeder Gang präzise aufeinander abgestimmt ist, kann aber ein schmackhaftes gemeinsames Menü entstehen. Verbindung von mehreren Ideen versprechen durch Synergieeffekte oft ein großes Potential. Das hat sich wohl auch ein neuseeländisches Gemeinschaftsprojekt gedacht, welches Abwasserreinigung, Energiegewinnung und Algenzucht mit einander kombiniert.
Umgebaute Kläranlage
Die Wortneubildung (Klärgas-Algen-Biokraftstoff-Anlage) aus der Headline ist ein ganz schönes Monstrum, aber eine offizielle Bezeichnung für diese neue Verfahrenszusammenstellung gibt es meines Wissens noch nicht. Das Prinzip der Anlage sieht so aus, dass 5 Hektar der Kläranlage in Christchurch (Neuseeland) vom neuseeländischen Institut NIWA umgebaut wurden. So entstand eine spezielles Staubecken (Pond) in dem Abwasser mit einer Algengemeinschaft vermischt wird. Zusätzlich wird in das Becken CO2 eingeblasen. Dieses Verfahren hat sich von der Entstehung der Ölfelder der Erde inspirieren lassen und ahmt diesen Prozess bis zu einem gewissen Grad nach.
Vorteile der Anlage
- niedrige Kosten, denn Abwasser als Ressource kostet kein Geld
- Gewinnung von Klärgas ermöglicht Energieproduktion und eine energieeffiziente Abwasserreinigung
- Kreislaufwirtschaft wird erhöht, da sowohl Nährstoffe, Abgase und Energie wieder verwendet werden
- Methanrückhaltung trägt zum Klimaschutz bei
- Gesteigerte Produktion von Algen wird zur Produktion von Biokraftstoffen verwendet
In der Pilotanlage wird mit einer Algenproduktion von 150 – 300 Tonnen pro Jahr gerechnet aus denen erstmal 45.000-90.000 Liter Öl gewonnen werden. Die Potentiale der Algennutzung (link) für die unterschiedlichsten Lebensbereiche werden aktuell intensiv erforscht und verschiedene Branchen profitieren von der Vielseitigkeit der Wasserpflanzen.
Potentielle Herausforderungen
Das Projekt hört sich für mich sehr gut an und geht in die Richtung möglichst alle Ressourcen so effizient wie möglich zu nutzen und mehrere Wertschöpfungsketten innerhalb eines Verfahrens zu ermöglichen. Was ich als wichtige Herausforderungen für die Pilotanlage sehe, sind zwei Punkte.
Erstens könnte ich mir vorstellen, dass durch das zusätzliche Einblasen des Kohlenstoffdioxids die Gefahr besteht, dass sich Kohlensäure bildet und der pH-Wert weiter abfällt. Abwasser hat von Natur aus meist schon einen geringeren pH-Wert als Frischwasser und durch eine weitere Senkung könnten die Lebensbedingungen für die Algen so ungünstig sein, dass die Produktivität darunter leidet.
Der zweite Punkt geht in die entgegengesetzte Richtung. Was ist, wenn die Produktivität der Algen wirklich gut ist und relativ schnell eine Art künstliche Eutrophierung eintritt. Dann droht durch den hohen Anteil der organischen Substanz ebenfalls eine Art negative Rückkopplung des Systems, das Ökosystem im Becken kippt um und die Produktion kommt zum Erliegen.
Aber jede Pilotanlage hat mit Kinderkrankheiten zu kämpfen und diese gilt es eben zu beheben. Letztlich macht diese Herausforderung und das Ungewisse ja auch den Reiz aus, wenn man mutig eine Pilotanlage ins Leben ruft. Hier geht es zu einem älteren Artikel zum Thema innovative Algennutzung in Deutschland (link).
Christchurch ist eine neuseeländische Stadt mit 350.000 Einwohner